Aus dem Sessel gegen Krebs

Platin-Komplex hemmt Metastasierung durch Konformations-Modulation von Heparansulfat

27.01.2021 - Australien

Cisplatin wird seit den 1970er Jahren in der Krebstherapie eingesetzt. Inzwischen wurden eine Reihe weiterer Platin-haltiger Cytostatika entwickelt, wie TriplatinNC, ein hochgeladener Komplex, der drei über Liganden verbrückte Platin-Atome enthält. Anders als Cisplatin hemmt dieser Wirkstoff die Metastasierung auch direkt. Ursache scheint die Modulation der Geometrie eines Zuckerbausteins von Heparansulfat zu sein, einer wichtigen Komponente der extrazellulären Matrix, wie ein Forschungsteam in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichtet.

© Wiley-VCH

Heparansulfat, ein sogenanntes Glykosaminoglykan, ist eine Kette aus ringförmigen Zuckermolekülen. Es ist an vielen regulatorischen Vorgängen, aber auch beim Wachstum und der Metastasierung von Tumoren beteiligt. Damit ein Tumor wachsen und Metastasen bilden kann, muss die extrazelluläre Matrix stellenweise aufgebrochen werden und Zellen auf Wanderschaft gehen. Die Spaltung von Heparansulfat durch das Enzym Heparanase und die Freisetzung bestimmter Wachstumsfaktoren, die an Heparansulfat binden, spielt dabei eine wichtige Rolle.

Um die Interaktion von Heparansulfat mit TriplatinNC zu beleuchten, verwendete das Team um Anil K. Gorle, Susan J. Berners-Price und Nicholas P. Farrell von der Griffith University (Brisbane, Australien) sowie der Virginia Commonwealth University und dem Massey Cancer Center (Richmond, Virginia, USA) die Verbindung Fondaparinux (FPX), ein Molekül aus fünf Zuckereinheiten, als Modell für Heparansulfat. Eine Kombination von Computerberechnungen und experimentellen Daten ergab, dass TriplatinNC die Geometrie eines bestimmten Zucker-Bausteins von Heparansulfat verändert (eine sulfatierte Iduronsäure). Der Iduronsäure-Sechsring kann zwei verschiedene räumliche Anordnungen annehmen: eine Sessel- und eine verdrehte Wannen-Form. Im freien FPX liegen Sessel und verdrehte Wanne im Verhältnis 35:65 vor, im Addukt mit TriplatinNC verschiebt es sich zu 75:25. In der nun bevorzugten Sessel-Form bildet sich eine Art Tasche, in die der Platin-Wirkstoff gut hineinpasst und fest binden kann. Im richtigen Heparansulfat blockiert die starke Bindung von Triplatin NC sehr effektiv die Spaltung durch Heparanase.

Eine Tumorzelllinie in einer künstlichen extrazellulären Matrix diente dem Team als Modell für triple-negativen Brustkrebs, eine aggressive, besonders schwer zu therapierende Krebsart. Die Behandlung mit Heparinase löste in diesem Modell eine deutliche Zellwanderung aus. Eine Vorbehandlung mit TriplatinNC verringerte die Zellwanderung deutlich, ein Effekt, der mit Cisplatin nicht erzielt wurde. Auch im Mäusemodell konnte das Team die anti-metastatische Aktivität von TriplatinNC bestätigen.

TriplatinNC zeigt damit eine duale Wirkung: Zur cytotoxischen Komponente durch eine Wirkung auf die DNA kommt eine anti-metastatische Komponente durch eine Interferenz mit der Funktion von Heparansulfat. Hier eröffnet sich ein neuartiger Ansatz für das Design anti-metastatischer Platinkomplexe.

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