Hallesche Pflanzengenetiker erringen großen Erfolg im Kampf gegen Paprika-Pusteln

29.10.2007
In der aktuellen Ausgabe von "Science" sind Pflanzengenetiker der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) gleich zweimal vertreten. Prof. Dr. Ulla Bonas, Dr. Thomas Lahaye und ihre Mitarbeiter haben herausgefunden, wie ein für Tomaten- und Paprika-Pflanzen spezifischer Krankheitserreger funktioniert - und welchen Mechanismus Pflanzen nutzen, um diesen Krankheitserreger abzutöten. Ihre Erkenntnisse könnten für die Landwirtschaft von hoher Bedeutung sein. Es werden davon wahrscheinlich auch weitere Wissenschaftler profitieren, die die Erkrankungen anderer Pflanzen erforschen. Die entscheidende Rolle in den beiden Publikationen spielt ein Protein namens AvrBs3. "Das Gen, welches dieses Protein kodiert, ist vor rund 20 Jahren isoliert worden, ich habe daran in meiner Postdoc-Zeit gearbeitet", berichtet Prof. Dr. Ulla Bonas. "Danach haben wir stückweise versucht, herauszubekommen, wie es funktioniert." Bakterien, die Pflanzen befallen, injizieren einen Cocktail bakterieller Proteine über eine nadelartige Struktur in Pflanzenzellen hinein. Der wenig bekömmliche Cocktail bewirkt, dass die befallenen Pflanzen schneller altern und weniger Früchte tragen. "AvrBs3 ist ein Protein dieses Cocktails, das in Paprika- und Tomaten-Pflanzen Schäden anrichtet. Diese Cocktail-Komponente führt zu charakteristischen Pusteln auf den Blättern der Paprika-Pflanze", erläutert Ulla Bonas. Bakterielle Krankheiterreger sind in hiesigen Klimazonen nicht von Bedeutung, denn sie sind nicht frostresistent. "Aber in Regionen mit warmen und feuchtem Klima, zum Beispiel Florida und Israel, führt der Krankheitserreger zu immensen Verlusten." Im Gegensatz zu Pilzen, die in hiesigen Breiten wichtige Pflanzenschädlinge darstellen, sind Bakterien jedoch ein einfacheres System für wissenschaftlich Untersuchungen. Ulla Bonas und ihre Kollegen am Institut für Biologie der Martin-Luther-Universität haben nun herausgefunden, wie das AvrBs3-Protein wirkt. "Es geht direkt in den Kern der Pflanzenzelle und weist als bakterielles Protein Eigenschaften auf wie ein Protein aus einem höheren Organismus. Aufgrund seiner Struktur ist das bakterielle Protein in der Lage, die Genregulation seines pflanzlichen Wirtes zu verändern. Es wirkt dabei im Zellkern, der Schaltzentrale der Pflanzenzelle, und nutzt die Maschinerie der Wirtspflanze zum eigenen Vorteil aus. Die meisten bakteriellen Proteine, die ihren Wirt manipulieren, greifen auf der Protein-Ebene an. "Dieses bakterielle Protein dreht jedoch an Schaltern, die im Kern zu finden sind, auf der Ebene der DNA, des Erbguts. Deshalb sind die Erkenntnisse wirklich neu und so spannend", ergänzt Dr. Thomas Lahaye. "Wir konnten zeigen, dass die Pflanze dann genau denselben Mechanismus nutzt wie in der nicht resistenten Pflanze. Das bakterielle Protein schaltet ein Gen ein, dass für einen lokalen Zelltod sorgt. Die Zellen, die mit dem Erreger sterben, opfern sich sozusagen. Somit wird die bakterielle Vermehrung gestoppt.". Bei den bisher bekannten Resistenzmechanismen der Pflanze ermöglichen pflanzliche Proteine die Erkennung des Krankheitserregers. "Hier erfolgt die Erkennung des Krankheitserregers über die DNA. Das Protein, das für den Zelltod sorgt, ist zunächst nicht vorhanden, es muss erst produziert werden. Es wird produziert, und es hat eine völlig neue Struktur - das ist das bahnbrechend Neue an unseren Ergebnissen."
Martin-Luther-Universität, Dr. Sebastian Schornack

Die typischen Pusteln auf den Blättern der kranken Paprika-Pflanze.

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