Neuer potenzieller Wirkstoff gegen mehrfachresistente Staphylokokken

Paromomycin-Abkömmling Ausgangspunkt für neue Antibiotikageneration

14.12.2004

Das herkömmliche Antibiotikum Paromomycin treibt die Fehlerrate bei der Proteinbiosynthese der Bakterien in die Höhe und stoppt so die Vermehrung der Invasoren. Leider hat diese Antibiotika-Klasse außer dem Risiko schwerer Nebenwirkungen einen weiteren Nachteil: Die Wirkstoffe lassen sich leicht durch spezielle Enzyme deaktivieren, die von resistenten Bakterienstämmen gebildet werden können. Ein kanadisch-französisch-amerikanisches Forscherteam hat nun einen neuartigen Paromomycin-Abkömmling entwickelt, der ein potenzieller Ausgangspunkt für eine nächste Generation Aminoglycosid-Antibiotika sein könnte.

Zur Herstellung eines Proteins ziehen Zellen bekanntermaßen eine Kopie des DNA-Abschnitts, der für das benötigte Protein codiert. Die Kopie besteht aus einem RNA-Strang, der dann als "Bauanleitung" in die zellulären Proteinsyntheseapparate, die Ribosomen, "eingelegt" wird. An der A-Bindestelle des Ribosoms wird die Bauanleitung decodiert: Hier docken "Adapter"-RNA-Moleküle an, deren eines Ende jeweils genau zum gerade abgelesenen Codon der Bauanleitung passt. An anderen Ende des Adapters hängt diejenige Aminosäure, die diesem Codon entspricht. Sie wird nun an die wachsende Proteinkette angeknüpft. An diese so wichtige A-Bindestelle heftet sich Paromomycin, ein aus vier Ringen aufgebautes Molekül, und beeinträchtigt dabei die Ablesegenauigkeit.

Eine zusätzliche Seitenkette könnte die Bindung des Wirkstoffes an das Ribosom verbessern, dachte sich das Team aus Forschern um Eric Westhof (Universität Straßburg) und Stephen Hanessian (Universität Montréal) sowie von Ibis Therapeutics (USA). Eine OH-Gruppe an Ring III wurde als geeigneter Anknüpfungspunkt ermittelt. Wie erhofft, erwies sich eines der so erzeugten Analoga als besonders wirksam und sogar einem mehrfachresistenten Staphylokokken-Stamm gewachsen, bei dem die üblichen Aminoglycoside alle versagen. Vermutlich stabilisiert die spezielle Seitenkette dieses Analogons das Molekül gegenüber den bakteriellen Resistenz-Enzymen.

Eine Röntgenanalyse enthüllte Erstaunliches: einen neuartigen Bindungsmodus zwischen der A-Bindestelle und dem Wirkstoff. Während die Ringe I und II noch fast genauso wie bei Paromomycin in die Furche der A-Bindestelle eingebunden sind, ist Ring III um 40 Grad gedreht und auf andere Weise in sich gefaltet als bei Paromomycin. Dadurch kommt Ring IV in eine um 90 Grad veränderte Richtung zu liegen. Durch diese neue Orientierung entstehen zusätzliche Bindungen zwischen den Ringen III und IV und der A-Bindestelle des Ribosoms. Die neue Seitenkette selbst scheint dagegen kaum neue Kontakte zur A-Bindestelle aufzubauen.

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