Mit dem Mini-U-Boot durch den Bioreaktor

HZDR-Doktorand erhält SICK-Promotionspreis

04.02.2015 - Deutschland

Bioreaktoren kommen bei zahlreichen energieintensiven Anwendungen zum Einsatz, zum Beispiel bei der Abwasserreinigung in Kläranlagen oder bei der Erzeugung von Biogas. Eine entscheidende Rolle spielt die gute Vermischung der eingesetzten Substanzen. Ob dies optimal abläuft, ist bislang aber eher unklar, da sich die Prozesse nur schwer ganzheitlich überwachen lassen. Häufig wird deshalb in die Anlagen zu viel Energie gepumpt. In seiner Dissertation hat Dr. Sebastian Reinecke vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) eine Messsonde entwickelt, die als Mini-U-Boot auf eine Reise durch die Anlage geschickt wird. Am 30. Januar wurde er dafür mit dem SICK-Promotionspreis 2014, der mit 6.000 Euro dotiert ist, ausgezeichnet.

HZDR

Mini-U-Boote für Klärwerke: Was ein wenig an die Plastikbehälter aus den Schokoladen-Überraschungseiern erinnert, sind autonome Sensoren, die komplizierte Strömungen in so genannten Belebtschlammbecken vermessen können. Mit ihnen wird es möglich, energieintensive Prozesse der Abwasserreinigung effizienter zu gestalten.

Auf den ersten Blick wirken sie wie die weiße Variante der Plastikbehälter aus Überraschungseiern. Anders als die klassischen gelben Container enthalten die Messsonden, die Sebastian Reinecke entworfen hat, allerdings kein Spielzeug, sondern moderne Sensorelektronik. Dafür wurde dem Dresdner Forscher, der im vergangenen Jahr seine Doktorarbeit abgeschlossen hat, der SICK-Promotionspreis 2014 verliehen, den Dorothea Sick-Thies, die Tochter von Dr. Erwin Sick, dem Gründer des Sensorherstellers SICK AG, gestiftet hat. Denn nach Ansicht der Jury könnten die Sonden einen nachhaltigen Fortschritt für den Umweltschutz bewirken, indem sie zur Steigerung der Energieeffizienz von Bioreaktoren beitragen.

„Obwohl diese Anlagen für viele industrielle Prozesse seit Jahrzehnten eingesetzt werden, sind sie für uns eigentlich immer noch eine Black Box“, erläutert Reinecke. „Wir wissen nicht hinreichend genau, was sich bei den anfallenden Rühr- und Mischprozessen abspielt.“ Dabei hängt es maßgeblich von diesen Abläufen ab, ob die Reaktoren effizient betrieben werden. Nur wenn die aufgeprägte Fluidströmung alle Bereiche erfasst, werden sogenannte Totzonen vermieden. In diesen Gebieten vermischen sich die Substanzen nur ungenügend, was zum Beispiel bei Biogasanlagen zu geringeren Ausbeuten führt. Durch die großen Dimensionen der Reaktoren, die tausende Kubikmeter umfassen, ist eine kontinuierliche Überwachung des Reaktionsvolumens im gesamten Behälter von außen jedoch schwierig.

Häufig wird deswegen für den Aufbau der Misch- und Belüftungstechnik auf Erfahrungswerte zurückgegriffen, „was natürlich nicht bedeutet, dass die Anlagen dadurch tatsächlich optimal ausgelegt sind“, wie Reinecke betont. In seiner Dissertation, die die Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert hat, ging er dieser Frage nach. Im vergangenen Jahr konnte er die Ergebnisse seiner Arbeit, die er bei Prof. Gerald Gerlach am Institut für Festkörperelektronik der TU Dresden sowie bei Prof. Uwe Hampel am Institut für Fluiddynamik des HZDR bzw. an der AREVA-Stiftungsprofessur für Bildgebende Messverfahren für die Energie- und Verfahrenstechnik der TU Dresden abgelegt hat, vorbringen. Um das Rätsel zu lüften, entwickelte der HZDR-Forscher Sensoren, die Einblicke in das Innenleben der Reaktoren ermöglichen.

Der Strömung auf der Spur

Die batteriebetriebenen, wasserdichten Messsonden, deren empfindliche Elektronik ein Polymer, wie es von PET-Flaschen bekannt ist, vor der rauen chemischen und mechanischen Umgebung schützt, werden dafür mit den Substanzen in die Anlagen geschleust. Da sie genauso schwer sind wie die Flüssigkeiten, die sie verdrängen, folgen die Geräte der Strömung, ohne sie zu beeinflussen. Während ihrer Reise durch die Reaktoren sammeln die Sensoren kontinuierlich Daten zur Temperatur, Eintauchtiefe und Beschleunigung. Aus den Informationen können die Forscher, nachdem sie die Sonden wieder aus den Anlagen gefischt haben, Rückschlüsse auf die Dynamik der Strömung ziehen. „Daraus können wir ableiten, welche Zonen nur ungenügend durchmischt werden, was uns Ansatzpunkte liefert, um den Aufbau und die Betriebsweisen der Rührwerke bzw. der Belüfter, aber auch das Behälterdesign zu optimieren“, beschreibt Reinecke die Leistung seiner Sonden. „Langfristig wird dies schließlich die Effizienz der Anlagen steigern und Energie einsparen.“

Gerade dieser Punkt überzeugte die Jury des SICK-Promotionspreises. Denn die Auszeichnung wird für Dissertationen verliehen, die mit Messmethoden, Sensoren oder Messtechniksystemen zu einem nachhaltigen Fortschritt im Umweltschutz beitragen. Dies äußert sich beispielsweise in der Steigerung der Energie-, Material- und Ressourceneffizienz, der Reduzierung von Lärm oder der Minimierung von Schadstoffen.

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