Jülicher Forscher sind beteiligt am "Human Brain Project"

Europa fördert die Simulation des menschlichen Gehirns

31.01.2013 - Deutschland

Das menschliche Gehirn verstehen durch Simulation – das ist die Vision im "Human Brain Project" (HBP). Forscher aus 23 Ländern bauen dazu gemeinsam eine einzigartige Infrastruktur auf, in der sie Hirnforschung und Informationstechnologie vernetzen und weiterentwickeln werden. Die Europäische Union unterstützt das Vorhaben nun im Rahmen ihrer FET-Flagship-Initiative. Jülicher Wissenschaftler werden ihre Expertise vor allem in den Bereichen Aufbau und Funktion des Gehirns sowie Höchstleistungsrechnen und Simulation einbringen.

Forschungszentrum Jülich

JUQUEEN

"Ich gratuliere den beteiligten Wissenschaftlern im Forschungszentrum Jülich. Mit dem schnellsten Supercomputer Europas finden die internationalen Forscher hier hervorragende Voraussetzungen, um dieses Flaggschiff-Projekt auch in der Realität verwirklichen zu können. Das 'Human Brain Project' ist aber auch eine Auszeichnung für den gesamten Supercomputing-Standort Deutschland", freut sich Thomas Rachel (MdB), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Zu diesem Zweck kooperieren nun Hirnforscher, Ärzte, Informatiker, Physiker, Mathematiker und Computerspezialisten aus über 80 renommierten wissenschaftlichen Einrichtungen in 23 Ländern. Sie beleuchten das Thema in all seinen Facetten: von Neurowissenschaften über Genetik, Höchstleistungsrechnen, Informationstechnologie und Robotik bis hin zu sozialwissenschaftlichen und ethischen Aspekten. Sie wollen das komplette menschliche Gehirn innerhalb der nächsten zehn Jahre möglichst detailgetreu von der einzelnen Zelle bis hin zur Interaktion großer Zellverbände und Hirnareale auf einem Supercomputer der Zukunft simulieren. Ihre Ziele sind unter anderem, das Gehirn besser zu verstehen und dadurch Krankheiten künftig früher diagnostizieren und gezielter therapieren zu können.

Das Forschungszentrum Jülich und seine regionalen Forschungspartner der Jülich Aachen Research Alliance (JARA), der Universitäten Düsseldorf und Wuppertal sowie der German Research School for Simulation Sciences (GRS) beteiligen sich an verschiedenen Forschungsschwerpunkten innerhalb des "Human Brain Projects".

Von größter Bedeutung für das Projekt wird die Jülicher Kompetenz und Infrastruktur im Bereich Höchstleistungsrechnen sein. Um die gewaltige, global vorhandene Datenmenge über die menschliche Schaltzentrale zu erfassen und für die Computersimulation aufzubereiten, reichen die Leistungen der derzeitigen Höchstleistungsrechner aber nicht aus. Experten des Jülicher Supercomputing Centre (JSC) entwickeln gemeinsam mit Kooperationspartnern neue Rechnersysteme der Exaflop-Generation mit passender Software. "Das 'Human Brain Project' wird der gesamten Informationstechnologie einen großen Schub geben", sagt Prof. Thomas Lippert, Leiter des JSC und im "Human Brain Project" verantwortlich für das Höchstleistungsrechnen und die Konstruktion des zukünftigen "Human Brain"-Supercomputers, dessen Aufbau bis 2020 am JSC vorgesehen ist. "Wir werden schnellere und leistungsstärkere Rechner entwickeln, um zunehmend detailliertere Modelle des Gehirns zu berechnen. Die neuen Erkenntnisse über die Funktion des Gehirns werden dann wiederum neue Wege in der Datenverarbeitung inspirieren."

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Jülicher Instituts für Neurowissenschaften und Medizin (INM) werden im Bereich neurobiologische Grundlagen zu neuen Erkenntnissen beitragen, etwa über den Aufbau und die Arbeitsweise einzelner Nervenzellen beziehungsweise ganzer Nervenzellverbünde und großer Netzwerke. "Wir erstellen ein virtuelles menschliches Gehirn, in dem die räumliche Organisation von der Ebene des Moleküls bis zum komplexen Funktionssystem erfasst wird. Dieser multimodale Gehirnatlas wird das Navigationssystem des ,Human Brain Projects’ werden", sagt Prof. Katrin Amunts, Direktorin des Jülicher INM und im "Human Brain Project" Leiterin des Bereichs "Multilevel Organisation of the Human Brain".

Prof. Markus Diesmann, ebenfalls Direktor des INM in Jülich, arbeitet an der Schnittstelle zwischen medizinischer Forschung und Simulationstechnologie: „Wir untersuchen Prozesse im Gehirn, indem wir zum Beispiel vereinfachte Modelle der Nervenzellen entwickeln und ihre Aktivität und ihre Kommunikation untereinander simulieren. Im Vergleich mit experimentellen Daten können wir unsere Modelle zunehmend verfeinern und nähern uns immer mehr dem realen Netzwerk des Gehirns.“

Ziel der FET-Flagships ist es, Türen für neue Technologien aufzustoßen. Das sehen die Projektpartner für das "Human Brain Project" gegeben: Das virtuelle Modellgehirn soll es Medizinern künftig erleichtern, die Struktur und Arbeitsweise des gesunden, aber auch des erkrankten Gehirns zu verstehen sowie neue Medikamente zu entwickeln und zu testen. Auch die Robotik und das sogenannte Neuromorphic Computing sollen von der Simulation des Gehirns profitieren. Und es kann Vorbild für extrem leistungsstarke und energieeffizient arbeitende Computer der Zukunft werden: Denn das Gehirn benötigt für hochkomplexe Informationsübertragungen und -verarbeitungen weniger Energie als eine 60 Watt-Glühbirne.

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