Wenn Botenstoffe Single bleiben: Neuartiger Ansatz könnte bei akutem Lungenversagen helfen

17.01.2012 - Deutschland

Bei einem akuten Lungenversagen reagiert das Organ massiv und sehr plötzlich etwa auf bakterielle Infektionen im Rahmen einer Sepsis – eine „Blutvergiftung“ – oder auf das Einatmen von Magensäure. Auch andere schädigende Einflüsse können zur „Schocklunge“ führen, die in rund 40 Prozent der Fälle trotz intensivmedizinischer Intervention tödlich verläuft. In einer vielversprechenden therapeutischen Strategie haben nun Forscher um den LMU-Mediziner Privatdozent Dr. Dr. Oliver Söhnlein im Tiermodell einen Weg gefunden, diese schwere Erkrankung in ihrer Auswirkung deutlich zu reduzieren. Das Team blockierte Botenstoffe, die die sogenannten Neutrophilen Granulozyten rekrutieren. Diese Immunzellen wiederum sind kausal an der Ausbildung eines akuten Lungenversagens beteiligt und infiltrieren massiv das erkrankte Gewebe. „Werden sie nicht rekrutiert, verläuft das akute Lungenversagen sehr viel weniger ausgeprägt“, sagt Söhnlein. „Wir wollen nun testen, ob dieser molekulare Mechanismus auch bei Entzündungen wie der Atherosklerose oder bei chronischen Lungenentzündungen eine Rolle spielt.“

Grundlage des neuartigen Ansatzes war die Beobachtung aus vorangegangenen Studien, dass die Plättchen für die Rekrutierung der Neutrophilen Granulozyten wichtig sind. Ebenfalls bekannt war, dass die Eindämmung der Plättchen auch die Infiltration des Lungengewebes durch die Neutrophilen Granulozyten reduzierte. „Wir wollten herausfinden, wie die Plättchen die Neutrophilen Granulozyten rekrutieren und ob diese Mechanismen für eine therapeutische Intervention zugänglich sind“, sagt Söhnlein.

In der Studie gelang der Nachweis, dass die Rekrutierung über Botenstoffe erfolgt, die die Plättchen freisetzen. Die Chemokine CCL5 und CXCL4 schließen sich dabei mit je einem Vertreter der beiden Typen zusammen. Diese molekularen Paare konnten die Forscher sowohl in entzündeten Lungen von Mäusen als auch von Patienten nachweisen. Im neuartigen therapeutischen Ansatz wurde die Bildung der ungleichen Paare verhindert: Die Chemokine konnten sich also nicht mehr zusammenschließen.

„Mithilfe dieser Hemmung konnten wir im Tiermodell die Rekrutierung der Neutrophilen Granulozyten reduzieren, was den Verlauf der Erkrankung deutlich abmilderte“, so Söhnlein. „Für das akute Lungenversagen ergibt sich damit eine vielversprechende therapeutische Strategie, deren Wirkung wir auf molekularer Ebene erklären können. In weiterführenden Studien wollen wir nun testen, ob ein ähnlicher Wirkmechanismus für die Rekrutierung der Neutrophilen Granulozyten auch bei makrovaskulären Entzündungen wie der Atherosklerose oder aber bei chronischen Lungenentzündungen eine Rolle spielt.“

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