«Molekulare Machete» bringt querschnittsgelähmte Ratten zum Laufen

11.04.2002
London (dpa) - Britische Forscher haben querschnittsgelähmte Ratten wieder zum Laufen gebracht. Grundlage für diesen Erfolg ist ein von Bakterien produziertes Enzym. Es beseitigte im verletzten Rückenmark Moleküle, die das Nachwachsen von Nervenfasern behindern, wie Elizabeth Bradbury vom Kings College in London und Mitarbeiter im britischen Wissenschaftsjournal «Nature» (BD. 416, S. 636) berichten. Rückenmarkverletzungen könnten sich damit möglicherweise besser behandeln lassen, hoffen die Forscher. Eine vollständige Ausheilung sei aber nach wie vor unwahrscheinlich. Um die Wirkung des Enzyms namens «Chondroitinase ABC» zu untersuchen, durchtrennten die Forscher zunächst die Nervenfasern der Ratten. Dadurch schränkten sie die Beweglichkeit der Tiere extrem ein. Dann behandelten die Wissenschaftler die Nager mit der Chondroitinase. Wie eine «molekulare Machete» beseitigte das Enzym daraufhin störende Moleküle, die sich nach einer Beschädigung des Rückenmarks an der verletzten Stelle sammeln und für nachwachsende Nervenfasern normalerweise eine undurchdringliche Barriere bilden. Wie weitere Untersuchungen zeigten, wuchsen neue Nervenfasern nicht nur an die verletzte Stelle heran, sondern teilweise sogar darüber hinaus. Die Regeneration der Nervenzellen spiegelte sich auch in den Bewegungen der Tieren wider. Lauftests zeigten, dass sich die Nager nach ein bis zwei Wochen wieder nahezu normal bewegen konnten. Allerdings blieben auch unter der Chondroitinase-Behandlung die Empfindungen der Tiere gestört: Die Wahrnehmung eines Klebestreifen an den Pfoten und der Versuch, ihn zu entfernen, verliefen deutlich schlechter als bei gesunden Tieren. Die größten Chancen für die Behandlung von Rückenmarkverletzungen biete die Kombination mehrerer Therapien, schreibt Lars Olson vom schwedischen Karolinska Institut in Stockholm in einen begleitenden Kommentar in «Nature». Erfolg versprechend sei zum Beispiel der Ansatz, mit Antikörpern genau jene Moleküle abzufangen, die den Nervenzellen signalisierten, ihr Wachstum einzustellen. Zudem lasse sich das Nervenwachstum gezielt stimulieren. Bisher habe allerdings noch keiner dieser Ansätze zu einer vollständigen Heilung von Rückenmarkverletzungen geführt.

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