Was ist Leben?

Evolution nutzt immer gleiche molekulare Bausteine zur Weiterentwicklung

22.09.2016 - Österreich

In der naturwissenschaftlichen Literatur existieren mehr als 200 Erklärungen für den Begriff "Leben". Ein Forschungsteam rund um den Systembiologen Wolfram Weckwerth von der Universität Wien hat in jüngsten Studien gezeigt, dass grundlegende Schritte der Evolution bei Menschen und Pflanzen sehr ähnlich sind: Energieaufnahme und -verbrauch, ein entscheidendes Merkmal für Leben, basieren auf den gleichen molekularen Bausteinen.

Abbildung modifiziert nach Roustan et al. 2016

Das zentrale Regulationsnetzwerk des Energiestoffwechsels in eukaryotischen höheren Lebensformen.

Schon der Wiener Physiker Erwin Schrödinger hat sich mit der Frage "Was ist Leben?" befasst. Eine entscheidende Antwort darauf ist die Tatsache, dass es die Zufuhr und den Verbrauch von Energie benötigt, um den Organismus am Leben zu halten. Die Regulation dieses Vorgangs bestimmt Wachstum, Lebensdauer und Lebensqualität. Erst langsam gelingt es ForscherInnen zu verstehen, wie diese Regulation abläuft. Dabei stellt sich heraus, dass diese Vorgänge in höheren Lebensformen wie Pflanzen, Pilzen, Tieren, bis hin zum Menschen erstaunlich konserviert sind.

Bei Menschen wie auch bei Pflanzen gibt es zwei grundlegende biochemische Prozesse, die dem Organismus auf zellulärer Ebene signalisieren, ob genug oder zu wenig Energie zur Verfügung steht. Im Speziellen handelt es sich hierbei um die Antagonisten AMPK und TOR, zwei Proteinkinasen, die in beinahe jeden zellulären Prozess involviert sind. Sie "messen" den Energiepegel der Zelle und regulieren danach den gesamten Stoffwechsel und Zellwachstum entweder in "Warteschleife" (zu wenig Energie), oder "volle Power" und Zellwachstum (viel Energie) in allen höheren Organismen.

In zwei kürzlich veröffentlichten Studien hat ein Team um den Systembiologen Wolfram Weckwerth einen grundlegenden Mechanismus der zellulären Energiemessung und Adaptation in Pflanzen aufgeklärt. "Wir konnten zeigen, dass tatsächlich grundlegende Schritte bei Pflanzen und Menschen sehr ähnlich sind", so Weckwerth. Das Team hat einerseits den molekularen Mechanismus studiert, der eintritt, wenn eine Pflanze unter Energiemangel leidet, z.B. bei zu langen Dunkelperioden. Unter diesen Bedingungen interagieren AMPK und TOR gemeinsam, und stark energieverbrauchende Prozesse werden abgeschaltet. In einer weiteren Studie hat das Team die evolutionären Ursprünge dieser Regelung der Energieaufnahme und des Energieverbrauchs der Zelle von Bakterien bis hin zum Menschen untersucht.

Die Untersuchungen zeigen, dass bei einem entscheidenden Merkmal des Lebens – Energieaufnahme und -verbrauch – die Evolution auf immer wieder gleiche molekulare Bausteine zurückgreift, seien es nun Pflanzen oder der Mensch.

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