Mutationen an- und wieder ausschalten
Kieler Forschungsteam erleichtert mit neuem Verfahren funktionale Genomik
Schimmelpilze werden vor allem mit diversen gesundheitlichen Risiken in Verbindung gebracht. Sie spielen auch eine weniger bekannte, für die Biotechnologie aber besonders wichtige Rolle. Der Schimmelpilz Aspergillus niger zum Beispiel dient seit rund 100 Jahren der industriellen Gewinnung von Zitronensäure, die in vielen Nahrungsmitteln als konservierender Zusatzstoff enthalten ist. Um die genetischen Mechanismen zu erkunden, die Aufschluss über das mögliche Anwendungsspektrum von Schimmelpilzen und ihrer Stoffwechselprodukte geben können, hat ein Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gemeinsam mit Kollegen von der niederländischen Universität Leiden nun ein neues Verfahren entwickelt. Es erlaubt die schnelle Erzeugung einer großen Anzahl genetisch unterschiedlicher Varianten des Schimmelpilzes Aspergillus niger und die anschließende Fixierung der gewonnen genetischen Eigenschaften. Die Forschenden um Professor Frank Kempken, Leiter der Abteilung für Botanische Genetik und Molekularbiologie an der CAU und Mitglied des Forschungsschwerpunkts „Kiel Life Science“, veröffentlichten ihre neuen Erkenntnisse nun im Fachmagazin Applied Microbiology and Biotechnology.

Je mehr Doxycyclin man zugibt, desto aktiver wird das mobile genetische Element und damit steigt die Zahl der mutierten Kolonien.
Prof. Frank Kempken
Die biotechnologische Forschung bedient sich genetisch veränderter Modellorganismen, auch Mutanten genannt, um die Funktionen bestimmter Gene bestimmen zu können. Wissenschaftler bezeichnen dies als funktionale Genomik. Dazu kommt unter anderem ein Verfahren zum Einsatz, das als zufällige Mutagenese bezeichnet wird. Es setzt genetische Informationen neu zusammen und erzeugt damit unterschiedliche Klone eines Organismus. Die Analyse ihrer voneinander abweichenden Eigenschaften lässt dann Rückschlüsse auf die Wirkung spezifischer Gene zu.
In diesem Zusammenhang widmete sich das Kieler Forschungsteam einem bestimmten in der Forschung häufig verwendeten Stamm des Schimmelpilzes Aspergillus niger. Er ist dadurch gekennzeichnet, dass ein an der Entstehung von Mutationen beteiligtes mobiles genetisches Element mit der Bezeichnung Tan/Vader bei ihm dauerhaft funktionsunfähig ist und deshalb keine Mutationen erzeugen kann. Experimentell gelang es den Forschenden nun, eine ein- und ausschaltbare Variante dieses mobilen Elementes in Aspergillus niger einzubringen. Durch die Zugabe eines antibiotischen Stoffes namens Doxycyclin lässt sich Tan/Vader einschalten und erzeugt dann Mutanten. Ließen die Forschenden die Substanz wieder weg, folgte die erneute Inaktivierung des mobilen Elementes.
Das An- und Abschalten des mobilen Elementes Tan/Vader ermöglicht es damit, entweder schnell und zufällig mutierende oder aber genetisch stabile Stämme des Pilzes zu erzeugen. Das Verhalten der Pilzstämme bezüglich ihrer Neigung zur Mutation lässt sich damit exakt steuern. „Das neue Verfahren erlaubt es uns, in kurzer Zeit ein großes Arsenal an modifizierten Schimmelpilzen zu erzeugen um ihre Eigenschaften anschließend zu untersuchen. Diese Erkenntnis ist von großer Bedeutung für die Erforschung des genetischen Repertoires von Aspergillus niger im Hinblick auf sein biotechnologisches Potenzial“, ordnet Kempken die Tragweite der vorliegenden Arbeit ein.
Fadenpilze wie Aspergillus niger werden vor allem wegen ihrer Fähigkeit komplexe Enzyme zu bilden in der Biotechnologie ausgiebig erforscht. Solche Enzyme bilden die Grundlage verschiedenster Anwendungen, zum Beispiel in der Lebensmittelproduktion oder der Entwicklung neuer Medikamente. Die aktuellen Erkenntnisse der Kieler Forschenden geben der Wissenschaft ein neues Werkzeug in die Hand, das diese Erkundung künftig erleichtern wird.
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