Lizenz zum Schneiden: Wie Schneideenzyme zur Produktion von Wachstumsfaktoren zugelassen werden
Zur Versorgung von Krebszellen sind Wachstumsfaktoren nötig, die in der Zellmembran ihrer Herstellerzellen durch das Abschneiden von Vorstufen freigesetzt werden. Auch der gesunde Organismus braucht diese Faktoren, für die beim Menschen hauptsächlich drei Enzyme zuständig sind. Deren Blockade könnte zwar Krebswachstum verhindern, inhibiert aber auch andere lebenswichtige Prozesse. Forscher des Leibniz-Instituts für Altersforschung in Jena und der Harvard University konnten nun zeigen, dass die Vorstufen-Herstellerzellen durch innerzelluläre Prozesse selber bestimmen, wann ein Schneideenzym aktiv werden darf - ein möglicher neuer, nebenwirkungsfreier Ansatz zur Wachstumshemmung von Krebs.

Lizenz zum Schneiden: Vorstufen-Herstellerzellen der Wachstumsfaktoren bestimmen, ob und wann ein Schneideenzym aktiv werden darf.
K. Wagner / FLI
Krebszellen haben die Eigenschaft, sich unbegrenzt zu vermehren. Dafür müssen sie durch den Organismus genau wie alle anderen Zellen mit Sauerstoff und Nahrungsstoffen versorgt werden. Für das Wachstum der Krebszellen und die Bildung von Versorgungsgefäßen sind dabei sogenannte Wachstumsfaktoren zuständig. Diese hormon-ähnlichen Proteine werden als größere Vorstufen gebildet, die in der Zellmembran der Herstellerzellen stecken und zur Aktivierung von spezialisierten Enzymen abgeschnitten werden müssen. Für hunderte von Wachstumsfaktoren im menschlichen Körper sind hauptsächlich drei Enzyme zuständig. Eine Verhinderung des Krebswachstums durch Blockierung eines Schneideenzyms, das Wachstumsfaktoren für Krebs aktivieren kann, wäre eine naheliegende Krebstherapie. Dies hätte aber fatale Nebenwirkungen, da die Hemmung der Enzyme auch andere Faktoren betreffen würde, die der Organismus benötigt.
Die Freisetzung der genannten Faktoren ist hochsensitiv und betrifft äußerst wirksame Proteine der Steuerung im Organismus. Deshalb muss der Schneidemechanismus kontrolliert werden. In einem Kooperationsprojekt konnten Forscher des Leibniz-Instituts für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena und der Harvard University in Cambridge nun zeigen, dass jede Faktoren-Vorstufe getrennt selbst bestimmt, wann die „Schere“ schneiden darf. Dies wird über mehrere Schritte der intrazellulären Kommunikation in der Herstellerzelle bestimmt, und zwar für jede Faktor-Vorstufe spezifisch anders. Die beiden Arbeitsgruppen haben in bisher sechs Arbeiten wesentliche Teile des Mechanismus der Schneideregulation aufklären können. Sie haben besonders Faktoren untersucht, die für Brustkrebs bedeutsam sind (Epidermal Growth Factor family), sowie Neuregulin, das besonders wichtig in der Regeneration von Nerven ist. Zudem lag ein Schwerpunkt auf der Spaltung eines Proteins auf Krebszellen, welches für die Wanderung und Metastasierung nötig ist. Die letzte Publikation im „Journal of Biological Chemistry“ wurde unter die besten 50 Publikationen von über 6000 Arbeiten pro Jahr gewählt.
„Die Forschungsergebnisse liefern einen wichtigen Ansatzpunkt zur nebenwirkungsfreien Blockierung von krebsfördernden Wachstumsfaktoren“, fasst Prof. Dr. Peter Herrlich, ehemaliger wissenschaftlicher Direktor und heute assoziierter Forscher am FLI, zusammen: Anstatt das Schneideenzym zu blockieren und Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen, kann man die für die Freisetzung dieses spezifischen Faktors entscheidenden intrazellulären Schritte hemmen und so gezielt den Wachstumsfaktor ausschalten, welcher im einzelnen Patienten den Krebstyp antreibt.
Originalveröffentlichung
Originalveröffentlichung
Hartmann M, Parra LM, Ruschel A, Lindner C, Morrison H, Herrlich A, Herrlich P. Inside-out Regulation of Ectodomain Cleavage of Cluster-of-Differentiation-44 (CD44) and of Neuregulin-1 Requires Substrate Dimerization. Journal of Biological Chemistry (2015)
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Mit dem Absenden des Formulars willigen Sie ein, dass Ihnen die LUMITOS AG den oder die oben ausgewählten Newsletter per E-Mail zusendet. Ihre Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Die Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch die LUMITOS AG erfolgt auf Basis unserer Datenschutzerklärung. LUMITOS darf Sie zum Zwecke der Werbung oder der Markt- und Meinungsforschung per E-Mail kontaktieren. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit ohne Angabe von Gründen gegenüber der LUMITOS AG, Ernst-Augustin-Str. 2, 12489 Berlin oder per E-Mail unter widerruf@lumitos.com mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Zudem ist in jeder E-Mail ein Link zur Abbestellung des entsprechenden Newsletters enthalten.
Meistgelesene News
Weitere News von unseren anderen Portalen
Zuletzt betrachtete Inhalte

Grundsteinlegung für das neue Gründerzentrum BerlinBioCube
Thermo Fisher Scientific übernimmt alle Anteile der BRAHMS Holding GmbH

Bayers BlueRock Therapeutics baut europäischen Standort für Zelltherapie-Innovationen auf - Gründung des BlueRock-Standorts in Berlin erweitert die Präsenz des Unternehmens und stärkt die Zelltherapie-Kompetenz von Bayer

Effizienz-Boost für die Wirkstoffforschung - Insilico Medicine und Inimmune vereinbaren Zusammenarbeit zur Revolutionierung der Immuntherapie durch KI-gesteuerte Wirkstoffforschung

Gene könnten der Schlüssel zu neuen Covid-19-Behandlungen sein - Fünf Gene erklären teilweise, warum manche Menschen an Covid-19 schwer erkranken, während andere nicht betroffen sind

Weltweit größte Fermentationsanlage für Bakterienkulturen fertig gestellt

Potenzial für schnellere Forschung: Neuer Ansatz zur Aufzeichnung zellulärer Aktivitäten - Neuartiges chemisches Markierungsverfahren ermöglicht es, biologische Aktivitäten in Zellen aufzuzeichnen und später zu analysieren

Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH - Braunschweig, Deutschland
