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Bupropion



Strukturformel
Bezeichnungen
Freiname Bupropion
IUPAC-Name 1-(3-chlorophenyl)-2-tert-
butylamino-propan-1-on
Summenformel C13H18ClNO2
CAS-Nummer 34841-39-9
Chemisch-physikalische Daten
Molare Masse 239,74 g/mol
Schmelzpunkt 233-234°C
Siedepunkt
Pharmakologische Eigenschaften
Wirkstoffklasse Antidpressiva, Mittel zur Behandlung der Nikotinabhängigkeit
Wirkmechanismus Selektiver Noradrenalin-
und Dopamin- Wiederaunahmehemmer
ATC-Code N07BA02
DrugBank-Nr. APRD00621
Pharmakologische Daten
Bioverfügbarkeit > 87 %
Proteinbindung 84 %
Verteilungsvolumen ~ 2000 l
Plasmahalbwertszeit 24 h
LD50 (Ratte) 980 mg/kg (oral)
Fertigarzneimittel
Wellbutrin®, Budeprion®, Elontril®, Zyban®

Bupropion (vor 2000 Amfebutamon) ist ein Selektiver Noradrenalin- und Dopamin- (geringfügig auch Serotonin-) Wiederaufnahmehemmer (NDRI) aus der Gruppe der atypischen Antidepressiva.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zulassung als Antidepressivum

Die Zulassung von Bupropion als Antidepressivum bestand in den USA seit 1984, wurde jedoch, wegen wiederholten Meldungen von Krampfanfällen, die teilweise tödlich endeten, 1986 zunächst wieder entzogen. Nach darauffolgenden zusätzlichen Studien wurde festgestellt, dass Krampfanfälle jedoch auch bei diesem Medikament eine seltene und dosisabhängige Nebenwirkung sind. Daraufhin wurde die Zulassung in den USA 1989 wieder erteilt.

In Deutschland wurde die Zulassung als Antidepressivum in einer retardierten Präparatform zum 2. April 2007 erteilt, obwohl die errechnete besonders niedrige Wahrscheinlichkeit für Krampfanfälle bei dieser Präparatform in Deutschland nicht unumstritten war[1]. Bupropion wurde auch schon vor der amtlichen Zulassung off-label als Antidepressivum angewendet.

Chemische Eigenschaften

Chemisch gehört Bupropion zu den Phenylalkylaminen (Phenethylaminen), genauer zu deren Untergruppe der Amphetamine. Eine weitere Untergruppe der Phenylalkylamine bilden die Catecholamine, zu denen beispielsweise die Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin gehören; mit diesen ist Bupropion daher ebenfalls nahe verwandt.

Indikationen

Depression

Bupropion ist zur Behandlung der Depression zugelassen. Zur Anwendung als Antidepressivum ist die Datenlage insgesamt unbefriedigend: von 4 zulassungsrelevanten Studien können 2 keinen Nutzen zeigen. Die einzige veröffentlichte Studie[2] wird kritisiert, da sie nur Patienten einschließt, die bereits auf eine Vorbehandlung mit Bupropion angesprochen hatten, eine in Deutschland nicht vertriebene Retard-Zubereitung untersucht und etwa ein Drittel der ursprünglichen Teilnehmer an Studienabbrechern aufweist.[1] Suizidales Verhalten tritt unter Bupropion geringfügig häufiger als unter Placebo auf, jedoch lässt sich dieser Unterschied nicht statistisch zweifelsfrei belegen.[3]

Rauchentwöhnung

Die Substanz ist zur Rauchentwöhnung zugelassen. In einer Metaanalyse von 31 Studien zeigte sich, dass unter der Behandlung mit Bupropion der Anteil von Patienten, die nach der Behandlung mindestens sechs Monate lang nicht rauchten, mit 19% fast doppelt so hoch war, wie der von 10,3% unter einer Placebo-Behandlung. Bupropion ist im direkten Vergleich ebenso wirksam wie Nikotinpflaster. Nikotinpflaster zusätzlich zu Bupropion verbesserten die Abstinenzrate nicht.[4] Es gibt Hinweise darauf, dass Bupropion dem Vareniclin unterlegen ist.[5] Die Therapie ist nur bei Trägern einer bestimmten, bei europäischstämmigen Menschen allerdings weit verbreiteten, Genvariante im Cytochrom P450-System erfolgversprechend. Ungefähr 45% aller Menschen europäischer Herkunft haben den Genotyp CYP2B6*6. Bei Menschen anderer Herkunft ist er jedoch weit weniger verbreitet. 33% der Träger dieser Genvariante konnten durch Bupropion mit dem Rauchen aufhören (bei den Probanden, die einen Placebo erhielten waren es nur 14%). Die Träger einer anderen Genvariante (Genotyp CYP2B6*1) hatten jedoch keinen Nutzen vom Bupropion. [6], [7].

Weitere Indikationen

Bupropion kann gegen ADHD verwendet werden, wobei die Substanz dafür in Deutschland keine Zulassung besitzt und an Patienten unter 18 Jahren nicht auf Wirksamkeit und Sicherheit geprüft wurde.[8][9] Bupropion kann zu Verminderung des Appetites und zu Gewichtsverlust führen, ist aber zu diesem Zweck nicht zugelassen.[10] In einer herstellerfinanzierten 48-wöchigen Studie verloren die mit Bupropion behandelten Patienten etwas mehr Gewicht (bis 5,1%) als diejenigen, die ein Scheinmedikament (Placebo) einnahmen. Das entspräche etwa der Wirkung anderer Schlankmacher.[11] Ob das Körpergewicht nach Absetzen - wie von ähnlichen Substanzen wie Sibutramin bekannt - wieder ansteigt (Jojo-Effekt), ist bislang nicht geklärt.[12]

Wechselwirkungen

MAO-Hemmer wirken auch auf katecholaminerge Stoffwechselwege und dürfen daher nicht gleichzeitig verwendet werden. Es gibt Hinweise auf seltene neuropsychiatrische Nebenwirkungen bei gleichzeitigem Alkoholkonsum. Das Risiko für Krampfanfälle steigt bei gleichzeitiger Gabe mit Medikamenten, die die Krampfschwelle senken, wie bestimmte Antipsychotika, Antidepressiva, Antimalariamittel, Tramadol, Theophyllin, systemische Steroide, Chinolone und sedierende Antihistaminika.[9]

Wirkung von Bupropion auf andere Medikamente

Bupropion und seine Stoffwechselprodukte hemmen den CYP450-2D6 Stoffwechselweg und führen darüber zu einem Anstieg des Blutspiegels aller Trizyklika außer Doxepin (sehr stark: Desipramin, Nortriptylin, stark: Clomipramin) und vieler SSRI, dem Schmerzmittel Tramadol, Antipsychotika wie Risperidon und Thioridazin, Betablockern wie Metoprolol, Klasse-1C-Antiarrhythmika wie Propafenon und Flecainid. Auch der Citalopram-Spiegel steigt trotz anderem Stoffwechselweg bei gleichzeigter Einnahme. Die sedierende Wirkung von Diazepam wird vermindert. Bei gleichzeitiger Gabe mit Nikotinpflastern kann es zu Blutdruckanstieg kommen.[9]

Wirkung anderer Medikamente auf Bupropion

Bupropion selber wird über das Cytochrom P450-2B6 zu seinem aktiven Metaboliten Hydroxybupropion verstoffwechselt. Medikamente, die diesen Stoffwechselweg beeinflussen (wie Cyclophosphamid, Isofosfamid, Orphenadrin, Ticlopidin, Clopidogrel) verschieben das Verhältnis von Bupropion zu Hydroxybupropion mit ungeklärter Auswirkung. Bei gemeinsamer Anwendung mit anderen Medikamente, die bekanntermaßen stark in Stoffwechselwege eingreifen wie Carbamazepin, Phenytoin und Valproinsäure wird zur Vorsicht geraten. Bupropion sollte nur mit Vorsicht zusammen mit Levodopa und Amantadin angewendet werden, da vermehrt Nebenwirkungen auftreten.[9]

Kombination mit anderen Antidepressiva

Die Kombination von Bupropion mit anderen Antidepressiva (außer Citalopram und Desipramin), Benzodiazepinen (außer Diazepam) und Neuroleptika ist nicht systematisch untersucht.[9] Lediglich im Rahmen von Untersuchungen zur Wirkung von Bupropion auf von SSRI ausgelöste sexuelle Dysfunktionen wurden Kombinationen von Bupropion mit verschiedenen SSRI durchgeführt.[13][14]

In Kombination mit anderen Antidepressiva soll Bupropion einige Nebenwirkungen dieser Stoffe ausgleichen. Unerwünschter Müdigkeit, die durch sedierende Antidepressiva (z. B. Mianserin und Mirtazapin) entsteht, kann gegebenenfalls durch die stimulierende Wirkung von Bupropion entgegengewirkt werden. Zur Besserung von Müdigkeitserscheinungen wird Bupropion am Beginn, das ermüdende Antidepressivum am Ende des Tages genommen.[15][16] Schlaffördernde oder sexuell dämpfende Antidepressiva wiederum können durch Bupropion ausgelösten Schlafstörungen oder Priapismus entgegenwirken. Das Beheben von Nebenwirkungen anderer Antidepressiva ist keine zugelassene Indikation von Bupropion.

Die Idee, sexuelle Dysfunktion unter Behandlung mit anderen Antidepressiva durch zusätzlicher Gabe von Bupropion zu bessern wurde nach mehreren negativ verlaufenden klinischen Studien verworfen.[17][13][14]

Nebenwirkungen

Bupropion unterscheidet sich in seinem Nebenwirkungsprofil sehr von den gewöhnlich verwendeten Antidepressiva, weil als Nebenwirkungen vor allem die typischen Nebenwirkungen von Psychostimulanzien vorkommen. Häufigste Nebenwirkungen sind Mundtrockenheit und Schlaflosigkeit, wobei letztere durch Vermeidung der Medikamenteneinahme zur Schlafenszeit vermindert werden kann. Weitere Nebenwirkungen können u. a. sein: Kopfschmerzen, Benommenheit, Appetitlosigkeit, Gelenk- und Muskelschmerzen, Zittern, Angst, Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit. Außerdem kann Bupropion (den medizinischen Notfall) Priapismus auslösen oder einen Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz bewirken.[18][19]

Bupropion weist einen prokonvulsiven (krampffördernden) Effekt auf. Es kann sowohl Krampfanfälle bei Menschen auslösen, die keine diesbezügliche Vorgeschichte aufweisen, als auch die Krampfschwelle von zu Krämpfen neigenden Menschen senken. Insgesamt sind Krampfanfälle jedoch auch bei diesem Medikament eine seltene und dosisabhängige Nebenwirkung.[20] Die Häufigkeit wird mit 0,1 % im Dosisbereich bis 450 mg angegeben.[9] Erst bei Dosen ab 600 mg/Tag steigt das statistische Risiko für Krampfanfälle plötzlich rasch an.

Bei längerer oder häufiger Anwendung kann ein Suchtverhalten nicht ausgeschlossen werden. In einer Studie der Innsbrucker Universitätsklinik wurde herausgefunden, dass etwa sechs Prozent aller Probanden ein „high“-Gefühl durch Bupropion bekommen haben. Koffein in einer Menge, die zwei Tassen starkem Kaffee entspricht, produzierte bei der getesteten Rauchergruppe jedoch deutlich stärkere „angenehme Effekte“ und „high-Gefühle“ als Bupropion [21]

Bupropion weist als Phenylalkylamin pharmakologisch ähnliche Strukturen wie Amphetamine auf. Es ist möglich, dass Patienten, die Bupropion zu sich nehmen, bei einem urinalen Drogentest positive Resultate in der Gruppe der Amphetamine oder Methamphetamine bekommen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Antidepressiva – insbesondere SSRI – wirkt sich Bupropion viel weniger bis gar nicht einschränkend auf die sexuelle Funktion aus. Dies zeigte sich in Vergleichsstudien vor allem bei Männern, da Frauen weit weniger zu durch Antidepressiva ausgelösten sexuellen Dysfunktionen neigen. Namentlich in Studien bezüglich Venlafaxin[22], Paroxetin[23], Sertralin[24][25][26], Escitalopram[27] und Fluoxetin[28] wurde festgestellt, dass Bupropion im Gegensatz zu den Vergleichsarzneien weitgehend frei von Nebenwirkungen auf die sexuelle Funktion ist. Eine Verbesserung der sexuellen Funktion oder ein Ausgleich von Funktionsstörungen, die durch die Behandlung mit anderen Antidepressiva hervorgerufen wurden, wurde dabei allerdings weder untersucht noch festgestellt.

Literatur

  • J. Schöpf: Moderne Antidepressiva – Wechseln, Kombinieren und Augmentieren, Steinkopf Verlag Darmstadt, 2003. ISBN 3-7985-1426-7
  • Brigitte Woggon: Behandlung mit Psychopharmaka, 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2005. Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern 1998/2005. ISBN 3-456-83538-8

Quellen

  1. a b arznei-telegramm 2007; 38: 45-6.
  2. WEIHS, K.L. et al.: Biol. Psychiatry 2002; 51: 753-61
  3. http://ctr.gsk.co.uk/Summary/bupropion/IV_suicide_observational.pdf
  4. Hughes JR, Stead LF, Lancaster T. Antidepressants for smoking cessation. Cochrane Database of Systematic Reviews 2007, Issue 1. Art. No.: CD000031
  5. Cahill K, Stead LF, Lancaster T. Nicotine receptor partial agonists for smoking cessation. Cochrane Database of Systematic Reviews 2007, Issue 1. Art. No.: CD006103. doi:10.1002/14651858.CD006103.pub2
  6. Biological Psychiatry (2007); 62: S. 635-641
  7. http://www.aerzteblatt-studieren.de/doc.asp?docId=106337
  8. Bupropion ADHD (englisch)
  9. a b c d e f Fachinformation Elontril, GSK 02/2007
  10. Bloodhound Scientist – Sniffing out the latest research at Nutrition Week 2002 bei T-Nation™
  11. Obesity Research 10:633-641 (2002)
  12. Expert Rev Neurother. 2007 Jan;7(1):17-24.
  13. a b Sustained-release bupropion for selective serotonin reuptake inhibitor-induced sexual dysfunction: a randomized, double-blind, placebo-controlled, parallel-group study. (engl. Abstrakt) bei PubMed
  14. a b A placebo-controlled trial of bupropion SR as an antidote for selective serotonin reuptake inhibitor-induced sexual dysfunction. (engl. Abstrakt) bei PubMed
  15. J. Schöpf: „Moderne Antidepressiva – Wechseln, Kombinieren und Augmentieren“, Steinkopf Verlag Darmstadt, 2003. ISBN 3-7985-1426-7
  16. Brigitte Woggon: „Behandlung mit Psychopharmaka“, 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2005. Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern 1998/2005. ISBN 3-456-83538-8
  17. DeBattista, C. et al. (2005): A placebo-controlled, randomized, double-blind study of adjunctive bupropion sustained release in the treatment of SSRI-induced sexual dysfunction. In: J. Clin. Psychiatry. Bd. 66, Nr. 7, S. 844-848. PMID 16013899
  18. Wellbutrin (bupropion) (englisch) bei NAMI
  19. Zyban – Side Effects (englisch) bei RxList
  20. Gelbe Liste: Präparateinformation Elontril®, April 2007.
  21. Süchtig von Bupropion? (dt. Zusammenfassung) - doi:10.1159/000075550 (engl. Originalartikel)
  22. A double-blind comparison between bupropion XL and venlafaxine XR: sexual functioning, antidepressant efficacy, and tolerability. (engl. Abstrakt) bei PubMed
  23. Sexual function during bupropion or paroxetine treatment of major depressive disorder. (engl. Abstrakt) bei PubMed
  24. A placebo-controlled comparison of the antidepressant efficacy and effects on sexual functioning of sustained-release bupropion and sertraline. (engl. Abstrakt) bei PubMed
  25. Sexual dysfunction associated with the treatment of depression: a placebo-controlled comparison of bupropion sustained release and sertraline treatment. (engl. Abstrakt) bei PubMed
  26. Evaluation of sexual functioning in depressed outpatients: a double-blind comparison of sustained-release bupropion and sertraline treatment. (engl. Abstrakt) bei PubMed
  27. Bupropion extended release compared with escitalopram: effects on sexual functioning and antidepressant efficacy in 2 randomized, double-blind, placebo-controlled studies. (engl. Abstrakt) bei PubMed
  28. A placebo-controlled comparison of the effects on sexual functioning of bupropion sustained release and fluoxetine. (engl. Abstrakt) bei PubMed
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