Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist mit Helicobacter pylori infiziert. Die Erreger schaffen es, die durch die Magensäure und eine zähe Schleimschicht vor anderen
Bakterien geschützte
Magenschleimhaut zu besiedeln und diese Infektion trotz einer intensiven Abwehrreaktion des Menschen jahrzehntelang aufrecht zu erhalten.
Helicobacter ruft bei allen Infizierten eine chronische Entzündung der Magenschleimhaut hervor. Bei 10 bis 15 Prozent der Betroffenen kommt es zu Folgeerkrankungen, oft zu schmerzhaften
Magengeschwüren, in selteneren Fällen zu
Magenkrebs.
Die Würzburger Mikrobiologen Sebastian Suerbaum und Christian Kraft vom Institut für
Hygiene und
Mikrobiologie der Universität haben jetzt in Zusammenarbeit mit Daniel Falush und Mark
Achtman vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin sowie mit zwei Instituten in den USA eines der Erfolgsgeheimnisse dieser Bakterien identifiziert: Sie konnten zeigen, dass
Helicobacter sein Erbmaterial während der chronischen Infektion eines Patienten mit hoher Geschwindigkeit verändert.
Die Autoren der Studie, die in der kommenden Ausgabe der amerikanischen Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences USA" (PNAS) erscheinen wird, haben Paare von H.
pylori-Stämmen untersucht, die im Abstand von minimal drei Monaten bis zu maximal vier Jahren aus ein und demselben Patienten isoliert wurden. Durch die Analyse von Stichproben des
Bakterienerbguts konnten sie bei 11 der 24 Stammpaare bereits nach der kurzen Zeit von durchschnittlich 1,8 Jahren Veränderungen des Erbguts nachweisen.
Mit einem eigens für diese Untersuchung entwickelten mathematischen Modell haben die Wissenschaftler berechnet, dass sich das Erbgut der Bakterien im Verlauf eines Infektionsjahres rund 60
Mal verändert. So können die Bakterien innerhalb von nur 41 Jahren die Hälfte ihres Erbguts austauschen - "eine verglichen mit anderen Bakterien enorm hohe genetische Flexibilität", so Prof.
Suerbaum. Die genetischen Veränderungen kommen dadurch zu Stande, dass die Bakterien kleine Stücke der DNS von einem anderen Helicobacter pylori-Stamm aufnehmen und dann mit ihrem
eigenen Erbgut vereinigen.
Die in diesem Ausmaß noch nie beschriebenen dynamischen Veränderungen des Erbguts helfen dem Erreger wahrscheinlich, sich immer wieder neu an den Menschen anzupassen, der ihn
beherbergt. Die Wissenschaftler mahnen an, dass die enorme genetische Flexibilität von Helicobacter bei der Entwicklung von Impfstoffen und neuen
Therapeutika beachtet werden müsse, damit
die Erreger die neuen Substanzen nicht sofort unterlaufen können.