Asprin & Co. versus Morphin & Co.
Schmerzsignale bis ins Hirn verfolgen
"Ich hab noch einen Koffer in Berlin", gab Diva Marlene Dietrich einst als Grund für ihre Reisen nach Deutschland an. Einen Koffer hat Prof. Dr. Horacio Vanegas-Fischbach aus Venezuela nicht unbedingt in Jena, wohl aber ein Büro mit Computer und einen Laborplatz am Institut für Physiologie der Friedrich-Schiller-Universität. Diesen Ort wird der renommierte Humboldt-Preisträger in Zukunft als seinen zweiten Forschungsstandort nutzen.
Schmerz und seine Bekämpfung ist das gemeinsame Forschungsfeld der Mediziner. "Aspirin gibt es seit 1899. Aber wie, wo und warum sein Wirkstoff Acetylsalicylsäure seine Wirkung entfaltet, ist erst in den letzten Jahren ins Blickfeld der Forschung gerückt", erklärt Prof. Vanegas-Fischbach. Denn jetzt erst sei es möglich geworden, die Schmerzsignale vom befallenen Gewebe bis ins Gehirn mit Hilfe von winzigen Elektroden zu verfolgen. "Bei den Schmerzmitteln unterscheidet man traditionsgemäß zwei große Gruppen," so der Experte, "nämlich 'Aspirin und Co.' und ,Morphin und Co.'"
Lange Zeit wurde angenommen, dass Aspirin hauptsächlich im entzündeten Gewebe wirkt, während Morphin im Gehirn selbst angreift. Diese strenge Trennung der Wirkorte ist schon seit längerem umstritten. Vanegas hat jetzt sogar herausgefunden, dass die ungleichen Schmerzbefreier auch einen gemeinsamen Wirkmechanismus haben. Beide aktivieren ein komplexes Schmerzkontrollsystem im Hirn, einen internen Schmerzkiller, der uns Menschen mitgegeben ist. "Dieser reagiert normalerweise auf unsere körpereigenen Opiate, Glückshormone wie das Endorphin", berichtet der Wissenschaftler. Die Schmerzmittel imitieren die Wirkung der natürlichen Glückshormone und aktivieren damit das nachgeschaltete Schmerzkontrollsystem. Die negative Seite der Medaille ist jedoch die Abhängigkeit, die die regelmäßige Einnahme beider Gruppen von Schmerzkillern mit sich bringen kann, zumindest bei hohen Dosen. Entzugserscheinungen und ein Heraufsetzen der Toleranzgrenze gegenüber dem jeweiligen Medikament konnten die Wissenschaftler auch beim harmlosen Aspirin nachweisen. "Je besser wir die Natur des Schmerzes verstehen, desto kenntnisreicher können wir Schmerzmittel einsetzen und umso gezielter können wir neue Mittel zur Schmerzbekämpfung entwickeln", ist das Fazit des venezuelanischen "Schmerzprofessors". Daran wird er mit seinem Jenaer Kollegen nun dank des mit 50.000 Euro dotierten Humboldt-Preises auch am Wahlstandort Jena weiter forschen.
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