Parkinson-Krankheit: Zwei Varianten der tiefen Hirnstimulation bringen auf Dauer gleich gute Ergebnisse

22.06.2010 - Deutschland

Eine wichtige Frage zur tiefen Hirnstimulation bei der fortgeschrittenen Parkinson-Krankheit ist nun geklärt: Zwei operative Varianten sind gleich gut geeignet, um Bewegungsstörungen wie auch nicht-motorische Symptome zu behandeln. Dies zeigt eine Vergleichsstudie mit 299 Patienten, die US-amerikanische Neurologen im New England Journal of Medicine veröffentlichten.

„Die US-Ärzte bestätigen mit ihrer Arbeit die Erfahrungen in Deutschland, wonach die hierzulande vorwiegend praktizierte Stimulation des Nucleus subthalamicus (STN) langfristig wirksam ist und zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität führt“, sagt Professor Günther Deuschl von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, einer der führenden Experten auf dem Gebiet der tiefen Hirnstimulation.

„Die tiefe Hirnstimulation ist die wichtigste Neuerung in der Therapie der fortgeschrittenen Parkinsonkrankheit seit der Entdeckung des Medikaments Levodopa vor nunmehr bald 40 Jahren“, so Deuschl. Sie ist in Deutschland für etwa 700 Patienten jährlich die letzte Hoffnung auf eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität. Weltweit haben rund 50.000 Menschen bisher von der Methode profitiert. Mit dem „Hirnschrittmacher“ kann die Bewegungsverlangsamung oder das Zittern beseitigt werden. Viele Fragen zur optimalen Anwendung der tiefen Hirnstimulation (THS) seien aber noch offen. „Bislang war nie wissenschaftlich untersucht worden, ob einer der beiden Hauptzielpunkte im Gehirn (Nucleus subthalamicus oder Globus pallidus internus) besser geeignet ist als der andere. Diese wichtige Frage hat die neue Studie für den Zeitraum bis 2 Jahren nach der Operation beantwortet.“

Verglichen wurden in der doppelblinden Studie an 13 US-Kliniken 152 Patienten, denen beidseitig der innere Bereich des Globus pallidus (GPi) stimuliert wurde, mit 147 Patienten bei denen der „Hirnschrittmacher“ auf den subthalamischen Kern (STN) zielte. Dabei besserten sich die Bewegungsstörungen in beiden Gruppen innerhalb des zweijährigen Beobachtungszeitraumes gleich gut. Dies war sowohl an der Bewertungsskala UPDRS-III abzulesen, als auch an der Eigenbewertung durch die Patienten. So erlebten die Patienten vor der THS eine „gute motorische Funktion“ durchschnittlich nur 6,5 bis 7 Stunden täglich, am Ende der Studie aber 11,0 bis 11,4 Stunden am Tag. Behindernde Dyskinesien verringerten sich im Mittel von 4,0 bis 4,4 Stunden am Tag auf 1,2 bis 1,4 Stunden. Die Nebenwirkungen waren bei beiden Verfahren vergleichbar. Keines der beiden Zielgebiete hat diesbezüglich schlechter abgeschnitten.

„Bezüglich der Besserung der Bewegungstörungen gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen“, fasst der Leiter der Neurochirurgie am Medizinischen Zentrum der Universität von Nebraska in Omaha und Erstautor der Studie, Kenneth Follet, das Resultat zusammen. Während die Stimulation des STN zu einem geringeren Verbrauch an dopaminergen Arzneien führte, verringerten sich in der GPi-Gruppe depressive Symptome. Insgesamt habe man jedoch bei der Stimmung wie auch den kognitiven Fähigkeiten nur geringe Differenzen zwischen beiden Gruppen festgestellt, so Follet. Auch die Häufigkeit ernsthafter Nebenwirkungen war bei beiden Stimulationsverfahren mit etwas über 50 Prozent annähernd gleich groß. 99 Prozent dieser Ereignisse waren am Ende des Studienzeitraumes überwunden. „Ärzte und Patienten können auf beide Arten der THS vertrauen“, versichert Follet.

Nicht zu vernachlässigen sind aber auch die Risiken und Komplikationen bei der THS, so Deuschl. In einer großen deutschen Erhebung lag das Risiko für letale Komplikationen in Kliniken mit einer großen Zahl von Operationen unter 0,5 Prozent, permanente neurologische Defizite wurden bei 2 – 3 Prozent der Eingriffe beobachtet. Auch in der aktuellen US-Studie hatte es einen Todesfall infolge der Operation gegeben; ein weiterer Patient hatte Selbstmord begangen. „Hauptziel der Patientenauswahl ist es deshalb, diejenigen zu identifizieren, bei denen der erwartete Nutzen des Eingriffs größer ist als die eher geringen Risiken der Operation. Es spricht für die Methode, dass die neue amerikanische Studie die Ergebnisse einer deutschen Studie, die vor 4 Jahren publiziert wurde, bestätigt und erweitert hat. Die Behandlung wird damit immer fundierter“, erinnert Deuschl.

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Kampf gegen Krebs: Neueste Entwicklungen und Fortschritte