„Schnitzeljagd“ mit dem Handy erkennt demenzgefährdete Personen

Perspektiven für die Früherkennung

11.10.2024
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Symbolbild

Forschende des DZNE und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg haben Personen mit erhöhtem Demenzrisiko anhand von Bewegungsdaten identifiziert, die während einer „Schnitzeljagd“ auf dem Uni-Campus per Smartphone erfasst wurden. Sie berichten darüber in der Fachzeitschrift „PLOS Digital Health“.

Die Studienergebnisse zeigen, dass Smartphone-Daten aus alltagsnahen Situationen zur Früherkennung und Verlaufskontrolle der Alzheimer-Erkrankung beitragen können. Insgesamt 72 Erwachsene nahmen an der Untersuchung teil; rund ein Drittel davon mit subtilen Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit, die als „subjective cognitive decline“ (SCD) bezeichnet werden. Diese Symptomatik ist ein bekannter Risikofaktor für Demenz.

Alzheimer entwickelt sich im Allgemeinen über Jahre hinweg unbemerkt und führt langfristig zur Demenz. Die Erkrankung ist bislang nicht heilbar. „Aktuell wird Alzheimer oft zu spät behandelt, um eine wirksame Therapie zu gewährleisten. Auch die neuen Antikörper-Medikamente, die derzeit viel diskutiert werden, wirken nur, wenn sie frühzeitig verabreicht werden. Daher müssen wir in die Lage kommen, die Krankheit früher zu diagnostizieren, wenn die Symptome noch mild sind. Dazu sind Fortschritte in der Diagnostik nötig“, sagt Dr. Anne Maass, Forschungsgruppenleiterin am DZNE und Gastprofessorin an der Universität Magdeburg. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen erprobte sie nun einen neuartigen Ansatz, um Probleme mit der räumlichen Orientierung – als eines der ersten möglichen Symptome einer Alzheimer Erkrankung – zu erfassen.

App im Einsatz

„Unsere Studie beruht auf einer Art Schnitzeljagd, bei der vorgegebene Orte gefunden werden mussten. Die Probanden nutzten dafür ein Smartphone, das mit einer speziellen App ausgestattet war, die wir entwickelt haben“, erläutert Dr. Nadine Diersch. Die Neurowissenschaftlerin initiierte das Forschungsprojekt vor einigen Jahren am DZNE und arbeitet heute in der Privatwirtschaft, ist aber als Gastforscherin weiterhin für das DZNE tätig. „Wir haben festgestellt, dass sich über bestimmte Daten aus der App Personen mit erhöhtem Demenzrisiko zuverlässig identifizieren lassen“, sagt sie. „Das zeigt, dass digitale Technologien, wie etwa mobile Apps, ganz neue Möglichkeiten bieten, um die kognitive Leistungsfähigkeit unter alltagsnahen Bedingungen und zugleich niedrigschwellig zu erfassen. Dies könnte in Zukunft helfen, auch kleinste kognitive Veränderungen und damit Vorzeichen von Demenz früher zu erkennen, als es heute geschieht.“

„Schnitzeljagd“ auf dem Campus

An der Studie nahmen 72 Frauen und Männer im Alter zwischen Mitte zwanzig und Mitte sechzig teil. Unter den insgesamt 48 älteren Probanden waren 23 mit SCD. Menschen mit SCD empfinden einen Verlust an Geisteskraft, der sich mit herkömmlichen neuropsychologischen Tests allerdings nicht nachweisen lässt. Sie entwickeln nicht zwangsläufig eine Demenz, haben jedoch erwiesenermaßen ein erhöhtes Risiko. Alle Probanden erhielten den Auftrag, auf dem medizinischen Campus der Universität Magdeburg selbstständig – mit Hilfe der App – mehrere Gebäude zu finden, während ihre Bewegungsdaten per GPS erfasst wurden. „Alle Teilnehmenden kannten sich ähnlich gut auf dem Uni-Campus aus. Sie waren außerdem alle Smartphone-erfahren, überdies haben wir die Benutzung der App eingeübt,“ erläutert Jonas Marquardt, Erstautor der Studie und Doktorand im Forschungsteam von Anne Maass.

Orientierungssinn auf dem Prüfstand

Die Aufgabe wurde von den Probanden unabhängig voneinander durchgeführt. Dabei mussten nacheinander fünf Gebäude aufgesucht werden, die auf einer rund 800 Meter langen Route lagen. Als Taktgeber diente die Handy-App: Sie zeigte eine Straßenkarte mit der aktuellen Position und dem jeweils nächsten Ziel, inklusive Foto. Allerdings verschwand diese Darstellung, sobald sich die Probanden auf den Weg machten. „Die Versuchsteilnehmer mussten sich Straßenbild, Standpunkt und Zielort einprägen und dann ihrem Orientierungssinn und räumlichen Gedächtnis folgen“, so Marquardt. „Wussten sie unterwegs nicht weiter, konnten sie in der App einen Hilfe-Button drücken. Die Karte, ihre Position und das Ziel wurden dann wieder kurz eingeblendet.“ Anhand von GPS-Daten erstellten die Forschenden individuelle Bewegungsprofile und erfassten auch weitere Informationen.

Auffällige Stopps

Die fünf Gebäude wurden von den Probanden meist in weniger als einer halben Stunde gefunden. „Die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben insgesamt besser abgeschnitten. Sie sind im Mittel kürzere Wege gegangen und haben die Hilfe-Funktion im Allgemeinen nicht so häufig genutzt wie ältere Probanden“, so Marquardt. Unterschiede zwischen älteren Probanden mit und ohne SCD zeigten sich vor allem in der Anzahl sogenannter Orientierungsstopps. Jonas Marquardt erklärt das so: „Ältere Erwachsene mit SCD haben häufiger kurz angehalten, vermutlich, um sich zu orientieren, als ältere Erwachsene ohne SCD. In unserer Auswertung konnten wir Versuchsteilnehmer mit SCD anhand dieser Daten erkennen.“

Perspektiven für die Früherkennung

Warum Menschen mit SCD gerade hier auffällig sind, ist bislang unklar. „Wir haben festgestellt, dass sie vor allem an Wegkreuzungen eher zögern. Das deutet darauf hin, dass bei ihnen gewisse Entscheidungsprozesse verlangsamt ablaufen. Die Daten lassen aber noch keine eindeutige Aussage zu“, so Nadine Diersch. „Dennoch sind unsere Studienergebnisse ein vielversprechender Machbarkeitsnachweis. Sie zeigen, dass Smartphone-Daten helfen können, subtile Anzeichen eines kognitiven Abbaus in alltagsnahen Situationen zu erfassen.“ Die Wissenschaftlerin sieht darin eine Chance für die Früherkennung von Demenz und frühzeitige Behandlung: „Ich könnte mir vorstellen, dass künftig derartige Apps dabei helfen können, Risikopersonen zu identifizieren und daraufhin zu entscheiden, ob weitere Untersuchungen oder bereits eine Therapie nötig sind.“

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Die Diagnostik ist das Herzstück der modernen Medizin und bildet in der Biotech- und Pharmabranche eine entscheidende Schnittstelle zwischen Forschung und Patientenversorgung. Sie ermöglicht nicht nur die frühzeitige Erkennung und Überwachung von Krankheiten, sondern spielt auch eine zentrale Rolle bei der individualisierten Medizin, indem sie gezielte Therapien basierend auf der genetischen und molekularen Signatur eines Individuums ermöglicht.

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