Herpes im Zaum halten

Synthetische Heparanase-Inhibitoren verhindern die Ausbreitung von Herpes-Viren im Gewebe

11.09.2023
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Symbolbild

Herpes ist nicht nur unangenehm, Herpes kann manchmal auch gefährliche Komplikationen und lebensbedrohliche Verläufe haben. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellt ein Forschungsteam jetzt einen ganz neuen Ansatz für eine Herpes-Therapie vor. Sie basiert auf der Hemmung eines Enzyms, das für die Freisetzung neu gebildeter Viruspartikel aus infizierten Zellen notwendig ist.

Das wichtige Bewerbungsgespräch oder das ersehnte erste Date steht kurz bevor – immer, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann, prickelt und juckt es plötzlich an der Lippe. Beim Blick in den Spiegel zeigen sich auch schon die ersten kleinen Bläschen: Herpes ist zurück. Die Mehrzahl der Erwachsenen trägt die Verursacher in sich, denn einmal infiziert, nisten sich Herpes-simplex-Viren Typ 1 (HSV-1) in Nervenknoten ein und bleiben ein Leben lang im Körper, die meiste Zeit inaktiv. Sind die Abwehrkräfte vorübergehend geschwächt, etwa durch Aufregung und Stress, zu viel Sonnenlicht, hormonelle Schwankungen oder eine Erkältung, kann es zu einem erneuten Ausbruch kommen. Das ist lästig und schmerzhaft, aber meist harmlos – nur leider nicht immer: bei Immunschwäche oder bei Neugeborenen sind schwere teils lebensbedrohliche Verläufe möglich. Gefährliche Komplikationen drohen auch, wenn die Viren Augen oder Gehirn befallen. So ist Herpes der Hornhaut eine der Hauptursachen für infektionsbedingte Erblindungen. Virostatika können Herpes-Infektionen eindämmen, aber nicht wirklich besiegen.

Das Team von der University of Georgia, Athens (USA), der University of Illinois at Chicago (USA) und der Universität Utrecht (Niederlande) um Deepak Shukla und Geert-Jan Boons hat jetzt einen alternativen Ansatz für eine Herpes-Therapie entwickelt.

HSV-1 dockt an Heparansulfaten an, Molekülen aus vielen Zucker-Bausteinen, die in der extrazellulären Matrix und in den Plasmamembranen unserer Zellen vorkommen. So gebunden, können sie in Zellen eindringen. Im Spätstadium der Infektion bringt das Virus die infizierten Zellen dazu, die Biosynthese von Heparanase hochzufahren, eines Enzyms, das am Umbau der extrazellulären Matrix beteiligt ist. Es spaltet Heparansulfate von der Zelloberfläche ab – Voraussetzung dafür, dass die in der Zelle neu produzierten Viren sich ablösen und in andere Zellen und Gewebe ausbreiten können. Die Idee war, die Heparanase zu blockieren.

Das Team stellte eine Reihe von Mehrfachzuckern (Oligosacchariden) her, die von ihrem Aufbau her Heparansulfaten entsprechen, aber nicht vom Enyzm gespalten werden. Moleküle aus sechs oder acht Zuckern konnten die Heparanase stark hemmen. Anhand ergänzender Computerstudien konnte das Team nachvollziehen, wie diese Oligosaccharide in der Bindetasche des Enzyms angeordnet sind und welche molekularen Wechselwirkungen für die starke Bindung sorgen. Die Behandlung mit HSV-1 infizierter Hornhautzellen mit den wirksamen Oligosacchariden hemmte die viral induzierte Ausscheidung von Heparansulfaten und verringerte so die Ausbreitung der Viren deutlich.

Darüber hinaus kann die Hemmung der Heparanase durch die neuen Inhibitoren die Migration und Proliferation immortalisierter Zellen, d.h. Zellen mit unkontrolliertem Zellwachstum, behindern. Die Heparanase spielt eine Rolle bei der Metastasierung von Krebs. Hier könnte ein weiteres Anwendungsgebiet für die neuen Hemmstoffe liegen.

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