Berlin (dpa/bb) - Die
Multiple Sklerose (MS) hat vermutlich mehr Ursachen, als bislang gedacht. Zu diesem Ergebnis kommt Prof. Wolfgang Brück vom Institut für
Neuropathologie der Berlin
Charité, wie das Klinikum am Freitag mitteilte. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus Wien und Rochester/USA konnte Brück zeigen, dass die durch MS verursachten Gewebeschäden verschiedener Patienten unter dem Mikroskop unterschiedlich aussehen, was auf unterschiedliche Krankheitsarten hinweist.
Insbesondere die Zerstörung der isolierenden Myelinschicht um die Nervenfasern herum (Markscheiden) und die Zerstörung der Nervenzellfortsätze (die die Signale von einer Nervenzelle auf die andere weiterleiten) könnten zwei von einander unabhängige Prozesse sein, meint Brück. Bis vor kurzem nahm man an, dass der entscheidende Vorgang bei der MS eine Autoimmunreaktion körpereigener Abwehrzellen ist, bei der das Immunsystems sich gegen Bestandteile der Markscheide von
Nervenzellen richtet und die Hüllsubstanz mehr oder weniger großflächig zerstört.
Brück meint nun, dass Immunphänomene allein die MS nicht in ihrem ganzen Ausmaß erklären können, sondern vielmehr nur für einen Teil der Fälle verantwortlich sind. Die Zerstörung der Gehirnzellen (Oligodendrozyten), die die Markscheiden bilden, beruht in einigen Gruppen von MS-Kranken auf Schäden oder Störungen im Stoffwechsel dieser
Zellen. Das
Immunsystem sei daran nur sekundär beteiligt. Die Stoffwechselstörungen seien vermutlich auf
Gendefekte zurückzuführen.
Die Unterschiede könnten erklären, warum das bekannteste Mittel gegen MS, Interferon, nur bei etwa einem Drittel der Patienten wirksam ist und sich offenbar nur gegen Immunphänomene richtet. Es werde jetzt daran gedacht, Stoffwechselvorgänge mit
Wachstumsfaktoren zu verändern.
(Internet: Multiple Sklerose für Laien erklärt: http://www.gottlob- stiftung.com/MultipleSklerose/substart.html)