Gülledüngung fördert Antibiotika-resistente Bakterien im Boden

Wissenschaftler der Biologischen Bundesanstalt (BBA) weisen nach, dass Bodenbakterien sich mittels horizontalem Gentransfer an Antibiotika anpassen

26.06.2007

Ein Grund, warum Bakterien selbst in extrem giftigen Umgebungen existieren können, ist ihre Fähigkeit, sich rasch an veränderte Umweltbedingungen anzupassen. Wissenschaftler der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) konnten nachweisen, dass Bodenbakterien auf künstlich erzeugte höhere Antibiotika-Konzentrationen reagieren, indem sie entsprechende Resistenz-Gene austauschen. Dieser so genannte horizontale Gentransfer hilft ihnen zu überleben. Angesichts zunehmender Komplikationen durch Antibiotika-Resistenzen in der Human- und Tiermedizin ist dies jedoch problematisch.

"In der landwirtschaftlichen Praxis wird Schweinegülle zur Bodendüngung eingesetzt. Da die Tiere oft vorbeugend mit Antibiotika behandelt werden, landen diese Medikamente und ihre Abbauprodukte in der Gülle und letztlich auf den Feldern", berichtet Prof. Dr. Kornelia Smalla von der BBA. In ihrer mikrobiologischen Arbeitsgruppe sind diese Bedingungen im Labor nachgestellt worden. Dazu wurden zwei verschiedene Bodenarten mit Schweinegülle vermengt, die das Antibiotikum Sulfadiazin enthielt. Anschließend wurden die Effekte auf die Mikrobengesellschaft untersucht und mit unbehandelten Bodenproben verglichen. "In beiden Bodenarten konnten wir vermehrt resistente Bakterien nachweisen. Die Häufigkeit, mit der die speziellen Resistenzgene gegen Sulfadiazin ausgetauscht wurden, nahm rapide zu", berichtet Prof. Smalla. Die synergistischen Effekte, die Gülle und Antibiotikum auf die Verbreitung von Resistenzen unter den Bodenbakterien hatten, waren auch nach zwei Monaten noch nachweisbar.

"Diese Ergebnisse geben uns auf jeden Fall zu denken. Denn die Resistenzgene, die heute noch im Boden sind, könnten auch in den Pflanzen des gedüngten Ackers auftauchen und so in die menschliche Nahrungskette gelangen", beschreibt Prof. Smalla ein mögliches Szenario. Die BBA-Wissenschaftlerin entwickelt Methoden, mit denen sich die Verbreitung von Resistenzgenen in "normalen" Bodenbakterien abschätzen lässt. Sie ist sicher, dass das Ausmaß der Antibiotika-Nutzung in den letzten 60 Jahren die Zusammensetzung mikrobieller Gemeinschaften und damit auch das natürliche Reservoir der jeweiligen Antibiotikaresistenz beeinflusst haben. "Dass Bakterien auf den einsetzenden Selektionsdruck außerordentlich schnell reagieren, liegt in ihrer Natur. Wie rasch die Resistenzgene dann in die Mikroflora des Menschen gelangen, darüber können wir derzeit noch keine genauen Angaben machen", so Smallas Fazit. Die Arbeiten im Rahmen des von der DFG geförderten Projektes, an dem die Wissenschaftlerin beteiligt ist, gehen weiter.

Originalveröffentlichung: "Manure and sulfadiazine synergistically increased bacterial antibiotic resistance in soil over at least two months"; Environmental Microbiology 9(3)/2007, S. 657-666.

Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Kampf gegen Krebs: Neueste Entwicklungen und Fortschritte