In nur 50 Jahren seit der Entdeckung der Struktur des Erbmaterials haben Forscher mit Hilfe dieser Kenntnis Gene abgelesen und Erbgut gezielt verändert. Aus diesem Wissen entstand ein riesiger Zweig der modernen Biotechnik.
Gentechnik AUF DEM ACKER
Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen hat im Jahr 2002 weltweit mehr als die 1,5-fache Fläche Deutschlands erreicht. Fast 99 Prozent der Fläche verteilten sich auf vier Länder: USA (39 Millionen Hektar),
Argentinien (13,5),
Kanada (3,5) und China (2,1). Unter den angebauten Gen-Pflanzen sind Soja,
Mais,
Raps und insektenresistente
Baumwolle. In
Deutschland gibt es bislang nur Versuchsfelder mit transgenen Pflanzen. Rund 130 Freilandversuche vor allem mit
Zuckerrüben, Mais,
Kartoffeln oder Raps wurden genehmigt.
Arzneimittel AUS DER GENFABRIK
101 gentechnisch hergestellte Arzneimittel waren in Deutschland im Februar 2003 auf dem Markt. Das erste war 1986 das gentechnisch hergestellte Hormon Insulin für Diabetiker, es folgten weitere
Hormone,
Krebsmedikamente und
Impfstoffe. Sie werden von gentechnisch veränderten
Mikroorganismen oder
Zellkulturen produziert, die zusätzliche Erbanlagen enthalten.
GENDATEN IN DER KRIMINALDATEI
Mit Hilfe der Gendatenbank beim Bundeskriminalamt (BKA) hat die Polizei in den vergangenen fünf Jahren fast 6600 Verbrechen aufgeklärt. Die 1998 eingerichtete Datenbank ist nach der von Großbritannien die zweitgrößte Europas. Sie verzeichnete bis Ende Februar DNA-Muster von 216 000 Menschen und 34 000 Tatortspuren. Am häufigsten werden mit Hilfe der Gen-Datei Einbrecher ermittelt. Im Jahr 2002 waren es 3094 oder 84,24 Prozent aller Treffer. Außerdem wurden 250 Raub- und Erpressungsstraftaten, 135 Sexualstraftaten und 66 Tötungsdelikte aufgeklärt. Die Fingerabdruck-Sammlung des BKA umfasst immer noch etwa acht Mal so viele Einträge wie die Gendatei.
SCHWIERIGER WEG ZUR
Gentherapie
Im September 1990 versuchen US- Forscher erstmals, neue Gene in das Erbgut einer Patientin mit Erbleiden zu schleusen. Das vierjährige Mädchen hat eine erblich bedingte Immunschwächekrankheit. Zehn Jahre später berichteten französische Forscher von einem ersten Erfolg bei der Therapie des Schweren Kombinierten Immunversagens (SCID). Mehrere der so genannten Bubble-Babys können ihre sterilen Glocken verlassen. Der erste große Rückschlag bei der Gentherapie ist der Tod des 18-jährigen US- Amerikaners Jesse Gelsinger aus Arizona im September 1999. Gelsinger erlag einer Immunreaktion auf das Schnupfenvirus, welches das korrigierende Gen in seine
Leberzellen schleusen sollte. In
Frankreich entwickelten SCID-Kinder nach einer Immuntherapie Leukämie.
TIERE IM DIENST DER MEDIZIN
Die Gentechnik hat die Arzneimittelforschung von Grund auf verändert. Zahlreiche Versuchstiere entwickeln nach gezielten Eingriffen ins Erbgut ähnliche Krankheiten wie der Mensch, so dass an ihnen besser als zuvor geforscht werden kann. Bekannt wurde die Harvard-Krebsmaus, die stets
Tumore bekommt, oder die Knock-Out-Mäuse, bei denen ein Gen gezielt abgeschaltet ist. Ziegen, Schafe oder Kühe sollen dagegen mit ihrer
Milch Arzneimittel produzieren, die auf anderen Wegen nur schwer zu gewinnen sind, zum Beispiel den menschlichen Blutgerinnungsfaktor VIII.
MASSGESCHNEIDERTE MEDIKAMENTE
Medikamente, die genau auf das Erbgut der Patienten abgestimmt sind, sollen hochwirksam sein und zugleich wenig Nebenwirkungen haben. Das erste und bislang einzige spezifisch wirkende Mittel in Deutschland wurde im Jahr 2000 zugelassen.
Herceptin wirkt nur bei Brustkrebs-Patientinnen, die das veränderte Gen HER2 haben, und damit bei etwa 30 Prozent. Die Frauen müssen daher einen Gentest machen, bevor sie das Mittel nehmen.