Vorbeugende Pockenimpfung anstreben - Forschung nötig

24.02.2003
Berlin (dpa) - Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Johannes Löwer, hält eine intensive Forschung an einem nebenwirkungsarmen Pockenimpfstoff für nötig. «Wir sollten wieder eine allgemeine vorbeugende Impfung anstreben, damit wir nicht durch vermeintliche Anschläge erpressbar sind», sagte der Impf-Experte am Donnerstag in einem dpa-Gespräch. Die lieferbaren Impfstoffe hätten zu viele Nebenwirkungen, um eine vorbeugende Massenimpfung gegen die ausgerottete Krankheit zu verantworten. Mehrere Firmen weltweit arbeiteten an Impfstoffen, deren Wirksamkeit jedoch noch nicht sicher bewiesen sei. «Ich rechne mit einigen Jahren Forschungszeit.» Das Paul-Ehrlich-Institut im hessischen Langen ist als Bundesamt für die Zulassung von Impfstoffen verantwortlich. Aus wissenschaftlicher Sicht handele die Regierung genau richtig mit der Anschaffung von 100 Millionen Impfdosen der älteren Impfstoffe. «Sollte tatsächlich ein Fall auftreten, so müssen wir absolut verhindern, dass sich die Pockenviren wieder in der Bevölkerung festsetzen», sagte der Professor. Dafür seien die alten Substanzen trotz aller Nachteile richtig, «denn schließlich hat die WHO (Weltgesundheitsorganisation) damit die Pocken ausgerottet.» Auch Länder wie die USA, Frankreich und Großbritannien setzten auf diese Strategie. «Wenn eine nebenwirkungsärmere und gleichermaßen wirksame Alternative gefunden wird, darf sich die Regierung allerdings nicht scheuen, die alten Stoffe durch neue zu ersetzen und nochmals Geld auszugeben.»  Löwer kritisierte Aussagen in Medien und von Politikern, die Regierung enthalte der Bevölkerung nebenwirkungsarme Impfstoffe vor. «Der Impfstoff MVA, um den es dabei geht, ist noch nicht zugelassen und muss noch intensiv beforscht werden», sagte Löwer. Der in Bayern entwickelte Stoff sei in den 70er Jahren vom Ehrlich-Institut als so genannter Vorimpfstoff zugelassen worden. Dieser wurde vor Impfungen mit dem eigentlichen Stoff gegeben, um Nebenwirkungen zu mindern. «Die damals beteiligten Ärzte haben tatsächlich gute Erfahrungen gemacht», bestätigte Löwer. Allerdings sei das Mittel nicht lange genug erprobt worden, da die Pocken in dieser Zeit vom Erdboden verschwanden. Firmen weltweit, darunter ein dänisch-deutscher Hersteller in Martinsried, arbeiteten derzeit daran, MVA als alleinigen Impfstoff anzubieten. Die USA hätten zudem ein großes Forschungsprogramm begonnen, auch die Europäische Union plane ein solches.

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