Mauserbgut fast entziffert - wenige Unterschiede zum Menschen
An dem Mammutprojekt zur Entzifferung und Analyse des Erbmaterials waren weltweit mehrere hundert Forscher beteiligt, darunter auch aus Berlin, Bonn, Freiburg, Hannover und Heidelberg. Andreas Zimmer von der Universität Bonn wertete die Leistung am Mittwoch auf der Wissenschaftspressekonferenz in Bonn als «Quantensprung in der Genomforschung». Nun werde versucht, den Mausgenen Funktionen zuzuordnen. Das kann auch helfen, die Ursache menschlicher Erbkrankheiten aufzuklären.
Hans Lehrach, Direktor des Max-Planck-Instituts für Molekulare Genetik Berlin, kündigte an, dass bis Jahresende auch das Genom des Schimpansen entschlüsselt sein werde.
Die rund 2,5 Milliarden chemischen Genbausteine der Maus (Mus musculus) wurden von Forschern des öffentlich finanzierten «Mouse Genome Sequencing Consortium» gelesen. Die Arbeitsversion dieser vornehmlich britisch-amerikanischen Gruppe stellt das britische Fachblatt «Nature» (Bd. 420, S. 520) am Donnerstag vor. Die Ergebnisse sind demnach zu 96 Prozent komplett und stehen im Internet frei zur Verfügung.
Das Erbmaterial der Maus ist demnach 14 Prozent kleiner als jenes des Menschen (rund 3 Milliarden Bausteine). Trotzdem haben beide jeweils etwa 30 000 Gene, wie das Sequenzierteam berichtet. Der Mensch habe wahrscheinlich mehr Bausteine als die Maus, die keine Gen-Informationen enthalten.
«Das Mausgenom ist aber auf keinen Fall fertig», sagte Helmut Blöcker, Mitglied des wissenschaftlichen Steuerungskomitees des Deutschen Humangenomprojektes, am Mittwoch der dpa. Es werde schätzungsweise noch anderthalb bis zwei Jahre dauern, bis es vollständig publiziert ist. Laut Zimmer gibt es Hinweise, dass an manchen Stellen im Genom noch zusätzliche Gene sitzen.
Zwar hatte auch das US-Unternehmen Celera Genomics bereits im April 2001 eine vorläufige Version des Mausgenoms fertig gestellt. Diese Daten sind jedoch weniger präzise und ihre Nutzung muss bezahlt werden.
Die Maus ist ein bevorzugtes Forschungsobjekt, weil sie weitgehende Parallelen zu Anatomie, Körperbau, Stoffwechsel und Genetik des Menschen hat. «Wir besitzen sogar die Gene, die einen Schwanz machen könnten», sagt Jane Rogers, Chefin der Sequenzierungabteilung des beteiligten Wellcome Trust Sanger Institute in Cambridge (Großbritannien). Außerdem können Genetiker Mäuse für Tierversuche schaffen, die ähnliche Krankheiten wie der Mensch haben.
So sind Wissenschaftler mit Hilfe der Maus einer weiteren genetischen Ursache für das Altern auf der Spur: Sie haben bei Mäusen ein Gen identifiziert, dessen Ausschaltung die Nager um ein Viertel länger leben lässt. Die Arbeit stellt «Nature» in seiner Online- Ausgabe vor (doi: 10.1038/nature01298).
Lehrach warnte davor, dass Deutschland bei der Forschung zum Erbgut sparen könne. Die Geldmittel, die der Staat hier einspare seien trivial im Vergleich zu den Folgekosten, die auftreten würden.e)
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