Deutscher Professor will Leiche in London öffentlich sezieren

18.11.2002
London (dpa) - Der wegen seiner «Körperwelten»-Ausstellungen umstrittene Professor Gunther von Hagens will in London die Leiche einer 33 Jahre alten Deutschen öffentlich sezieren. Mit der Prozedur wolle er für die «Laienanatomie» werben und zur Transparenz in diesem Bereich der Medizin beitragen, sagte von Hagens am Donnerstag in London der dpa. In München wolle er im nächsten Februar ebenfalls eine öffentliche Leichenobduktion durchführen. In Großbritannien wurde zuletzt vor 170 Jahren ein Körper öffentlich seziert. Von Hagens versteht seine Aktion auch als «Protest» gegen geplante britische Gesetzesverschärfungen über den Im- und Export von Leichenteilen. «Hier sollen Bürgerrechte eingeschränkt werden», sagte der Gründer des Heidelberger Instituts für Plastination. Nach Auskunft der Hamburger Ärztekammer ist in Deutschland eine Obduktion vor einem Laienpublikum praktisch unmöglich. Sie müsse immer im Einzelfall begründet sein und sei nur mit vorheriger Einwilligung des Verstorbenen zu Ausbildungs- und Forschungszwecken möglich. «Eine Sektion vor zahlendem Publikum gestattet das Sektionsgesetz aus gutem Grund nicht. Denn eine solche Zurschaustellung wäre ethisch mehr als fragwürdig», sagte Wolfram Scharenberg von der Ärztekammer. Nach Angaben von Hagens haben zwei Drittel der mehr als 500 000 Besucher seiner Ausstellung in London die öffentliche Sezierung befürwortet. Der Mediziner erwartet für die Veranstaltung am kommenden Mittwoch (20. November) 500 Zuschauer. Mit dem Eintrittspreis von 12 Pfund (20 Euro) will er die auf 150 000 Euro geschätzten Kosten finanzieren. Der Verband britischer Anatomie-Ärzte warf dem deutschen Professor Sensationsmache vor. Von Hagens will den Körper in den Ausstellungsräumen in London zerlegen und dies über Großleinwände nach draußen übertragen lassen. Den Zuschauern sollen die Organe und Körperteile auf Tabletts regelrecht «unter die Nase gehalten werden», berichtete der «Daily Telegraph». Nach Angaben von Hagens haben ihn die Angehörigen der im Sommer plötzlich verstorbenen jungen Frau um die Obduktion gebeten. Weil in Deutschland eine natürliche Todesursache festgestellt worden war, sei die Leiche nicht von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden, erläuterte er. «Die Angehörigen wollen wissen, wie sie zu Tode kam und was dahinter steckt», fügte er hinzu. Die in Großbritannien äußerst erfolgreiche «Körperwelten»- Ausstellung, in der 25 präparierte Leichen zur Schau gestellt werden, ist nach Mitteilung von Hagens bis zum nächsten Februar verlängert worden. Sie soll danach in München gezeigt werden. Schon zuvor hatte die Show, die inzwischen in sechs Ländern gezeigt wurde, in deutschen Städten großen Zulauf. Allein in Berlin kamen 1,4 Millionen Besucher.

Weitere News aus dem Ressort Politik & Gesetze

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

Kampf gegen Krebs: Neueste Entwicklungen und Fortschritte