Dem Ursprung von Krebserkrankungen auf der Spur

16.08.2013 - Deutschland

Krebs ist eine Erkrankung, die durch Veränderungen in den Genen ausgelöst wird. So unterscheiden sich Tumorzellen von normalen Zellen an hunderten bis tausenden von Stellen des Erbgutes (DNA). Welche Mechanismen ursächlich für die Entstehung dieser Genveränderungen sind, konnte jetzt ein internationales Konsortium zeigen, an dem auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) beteiligt waren.

Durch die Analyse der DNA-Sequenz aller Gene von insgesamt 7042 Tumoren, welche die 30 häufigsten Krebserkrankungen umfassen, konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über 20 verschiedene Muster von Erbgutveränderungen, sogenannte Mutationen, finden. Von diesen waren einige in mehr als der Hälfte aller Tumorarten nachweisbar, andere beschränkt auf einzelne Krebsarten. Zusätzlich konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler spezifische Mechanismen aufdecken, die die Entstehung eines Teils dieser Erbgutveränderungen erklären. Die Ergebnisse der Untersuchungen, die neue Ansatzpunkte für die Prävention und Therapie von Krebserkrankungen liefern, wurden jetzt in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

Alle Krebserkrankungen werden durch Mutationen in der DNA von Körperzellen verursacht, die im Laufe des Lebens entstehen. Es ist lange bekannt, dass Chemikalien in Tabakrauch Mutationen in Zellen der Lunge verursachen, die zu Lungenkrebs führen. Es gilt auch als bewiesen, dass ultraviolettes Licht Mutationen in Hautzellen verursachen und so zu Hautkrebs führen kann. Doch trotz dieser Beispiele wusste man bislang wenig darüber, welche biologischen Prozesse die Mutationen verursachen, die für die Entwicklung der meisten Krebserkrankungen verantwortlich sind.

Um die Mechanismen, die zur Krebsentstehung führen, besser zu verstehen, erstellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler derzeit innerhalb des weltweiten Internationalen Krebs-Genom-Konsortiums (ICGC) einen Katalog der Genveränderungen in den 50 häufigsten Tumorarten. Das Kieler Institut für Humangenetik koordiniert einen der drei deutschen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsverbünde zu diesem internationalen Großprojekt. Der deutsche Forschungsverbund ICGC MMML-Seq (Analyse Molekularer Mechanismen in Malignen Lymphomen durch Sequenzierung) wird geleitet von Professor Reiner Siebert, Direktor des Instituts für Humangenetik, CAU. Schwerpunkt ist dabei die Analyse von Lymphdrüsenkrebs, speziell von Keimzentrums-B-Zell-Lymphomen.

Seine Forschungsergebnisse hat das ICGC MMML-Seq jetzt in ein internationales Wissenschaftlerkonsortium unter Leitung von Dr. Ludmil Alexandrov und Professor Mike Stratton am englischen Wellcome Trust Sanger Institute eingebracht. Dort wurden die Veränderungen in den Genomen von Tumoren von 7.042 Patientinnen und Patienten zusammengestellt und miteinander verglichen. Basierend darauf hat das Konsortium jetzt das erste umfassende Kompendium von Mutationsprozessen vorgelegt, die zu einer Tumorentwicklung führen. Diese Mutationsprozesse erklären die Mehrzahl der Mutationen, die in 30 der häufigsten Krebserkrankungen gefunden wurden. Jeder einzelne Mutationsprozess hinterlässt ein spezielles Muster an Mutationen in einem Tumorgenom. Insgesamt deckten die Forscherinnen und Forscher mehr als 20 Signaturen von Prozessen auf, die zur Mutation der DNA führen. Für viele dieser Signaturen konnten ebenfalls die dafür verantwortlichen grundlegenden biologischen Prozesse identifiziert werden.

„Für unsere Fragestellungen von besonderem Interesse ist die Beobachtung, dass bei der Entstehung von Lymphdrüsenkrebs offensichtlich ein Mutationsprozess aktiv ist, den wir bislang bei keiner anderen Tumorart beobachtet haben“, erläutert Professor Siebert. „Wir erhoffen uns durch die Aufklärung dieses Mechanismus neue Ansatzpunkte für eine spezifische Therapie und vielleicht sogar Prävention.“

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