1,5 Millionen Euro für die Forschung an Zytomegalieviren am HZI

Europäischer Forschungsrat zeichnet Luka Cicin-Sain mit dem „ERC Starting Grant“ aus

05.04.2011 - Deutschland

Zytomegaliviren (ZMV) kommen weltweit vor, in Deutschland trägt sie jeder zweite in sich – meist, ohne etwas davon zu merken. Trotzdem beeinflussen die Viren unser Immunsystem und sorgen dafür, dass ein bestimmter Typ von Immunzellen, sogenannte Gedächtsniszellen, immer wieder aktiviert werden. Für seine Forschung am ZMV und dessen Wechselwirkung mit unserem Immunsystem erhält Dr. Luka Cicin-Sain, Leiter der Nachwuchsforschergruppe „Immunalterung und Chronische Infektion“ am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) jetzt den „ERC Starting Grant“, ein Forschungsstipendium des Europäischen Forschungsrates, in Höhe von 1,5 Millionen Euro.

Unser Immunsystem ist ein komplexes Netzwerk vieler verschiedener Zelltypen. Ein wichtiger Teil davon sind Gedächtniszellen. Sie entstehen am Ende einer Immunantwort gegen einen Erreger und überleben viele Jahre in unserem Körper. Gedächtniszellen reagieren sehr schnell, wenn der gleiche Erreger zu einem späteren Zeitpunkt wieder in unseren Körper gelangt. Das Immunsystem wird dann sehr schnell aktiviert und im Idealfall bekommen wir von der erneuten Infektion kaum etwas mit.

Das Besondere an einer Infektion mit ZMV: Sie verläuft fast immer harmlos – verbunden mit geringen Krankheitssymptomen, die einer Erkältung ähneln. Gleichzeitig verursacht kein anderes Virus eine vergleichbare Immunantwort wie ZMV: ungewöhnlich viele Gedächtniszellen des Immunsystems – bis zu einem Viertel aller Gedächtniszellen – widmen sich ausschließlich der Erkennung und Kontrolle von ZMV.

Für Luka Cicin-Sain ist interessant, wie ZMV unser Immunsystem anregt und was sich daraus ergibt. Wie beim Herpesvirus, wird das ZMV zu einem lebenslangen Begleiter in unseren Zellen. Cicin-Sain nimmt an, dass die Wirtszellen, in denen die Viren in der Ruhephase verweilen, kontinuierlich Virus-Proteine bilden. Diese würden immer wieder das Immunsystem stimulieren.

„Eine chronische Virusinfektion mit ZMV könnte unser Immunsystem auf Dauer erschöpfen, was uns im Alter anfälliger für Infektionen und Krankheiten machen könnte“, sagt Luka Cicin-Sain. Daher sei die Forschung an ZMV auch in einer stetig älter werdenden Gesellschaft von fundamentaler Bedeutung. Anderseits solle man keine voreiligen Schlüsse ziehen: Es wäre auch möglich, dass die starke Immunantwort keine gesundheitlichen Probleme darstelle. Wäre dies der Fall, dann könnte man die Viren zukünftig zur Herstellung von neuen Impfstoffen einsetzen.

Die Viren könnten ungefährliche Proteine von anderen Krankheitserregern produzieren und auf diese Weise sehr wirksame Impfstoffe gegen AIDS oder Krebs ermöglichen. Dazu würde die Erbinformation für dieses Protein in den Virusbauplan eingebracht. Im Idealfall produziert die Wirtszelle dann den neuen Baustein und stimuliert damit das Immunsystem. „Die Immunreaktion gegen diese fremden Bestandteile soll dann wie eine Impfung wirken“, so Cicin-Sain.

Luka Cicin-Sain hat nun fünf Jahre Zeit, das Zytomegalievirus zu verändern und so zu klären, ob es für die Forschung an virusbasierten Impfstoffen genutzt werden könnte. Außerdem möchte er verstehen, ob das Virus unser Immunsystem schwächt, ohne dass wir von diesen Veränderungen etwas mitbekommen. „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir am Ende dieser fünf Jahre einen entscheidenden Durchbruch in der Erforschung von Zytomegalieviren erreichen“, so Luka Cicin-Sain.

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