Regulator der T-Zell-Immunantwort identifiziert

18.10.2010 - Deutschland

Lange Zeit war unklar, wie es weiße Blutkörperchen schaffen, sich nach Kontakt mit einem Krankheitserreger (Antigen) genügend schnell zu vermehren. Der Schlüssel dazu ist eine winzig kleine Nukleinsäure, eine microRNA, wie Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Zellbiologie von Prof. Dr. Andreas Radbruch am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum Berlin (DRFZ) nun entdeckt haben.

Sobald ein Krankheitserreger in den Körper eindringt, beginnt der Wettlauf. Pathogen und T-Helfer-Zellen, die als Teil des adaptiven Immunsystems jeweils auf ein Antigen spezialisiert sind, vermehren sich um die Wette. Es geht um die Entscheidung zwischen erfolgreicher Besiedlung, also Krankheit, und Abwehr des Eindringlings, also Gesundheit. Bei Krankheiten wie Leukämie ist die Regulation dieser T-Zell-Vermehrung defekt. Der Körper kann die Eindringlinge nicht abwehren. Bei Autoimmunkrankheiten, wie z.B. der rheumatoiden Arthritis, kommt es dagegen zu einer übermäßigen Expansion krankheitsfördernder T-Helfer-Zellen. Eine chronische Entzündung ist die Folge.

Rolle der microRNA-182

Aufgrund der Vielzahl von Krankheitserregern kann im Körper jeweils nur eine geringe Zahl von T-Zellen gegen jedes Antigen vorgehalten werden. Ihre Vermehrung ist strikt kontrolliert. Im Ruhezustand sorgt ein Protein, der Transkriptionsfaktor Foxo1, dafür, dass sich T-Helfer-Zellen nicht unkontrolliert vermehren. Sobald aber ein Antigen an den T-Zell-Rezeptor auf der Oberfläche der T-Helfer-Zellen bindet und sie damit aktiviert, wird diese Blockade aufgehoben. Die Vermehrung der spezifischen T-Helfer-Zellen nimmt ihren Lauf und wird unterstützt durch den Botenstoff Interleukin-2. Man spricht von klonaler Expansion.

Die Aktivierung der Vermehrung über den T-Zell-Rezeptor und Interleukin-2 ist allerdings nur von kurzer Dauer. Für die anhaltende klonale Expansion bedarf es eines weiteren Signals. Dieses zweite, durch Interleukin-2 aktivierte Signal, liefert eine winzige Ribonukleinsäure (RNA), die microRNA-182, wie das Team um Andreas Radbruch, Anna-Barbera Stittrich und Mir-Farzin Mashreghi vom DRFZ zeigen konnte. Die microRNA-182 sorgt dafür, dass Foxo1 länger blockiert bleibt und damit der Expansion nichts im Wege steht.

Dass die microRNA-182 tatsächlich eine zentrale Rolle in der physiologischen Regulation von Immunantworten spielt, konnte in einem Mausmodell für Arthritis bestätigt werden. Wenn ein Hemmstoff gegen die microRNA-182 gegeben wurde, konnten sich die aktivierten T-Helfer-Zellen nicht ausreichend vermehren, um die für die Arthritis typische, überschießende Immunantwort auszulösen. Die Entdeckung der Funktion von microRNA-182 eröffnet somit neue therapeutische Möglichkeiten, unter anderem bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen.

Dieses Projekt wurde durch das FORSYS Netzwerk des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Beteiligt waren neben den Wissenschaftlern des DRFZ auch Wissenschaftler des Max-Delbrück-Zentrums, der Charité-Universitätsmedizin, der Firma Miltenyi-Biotec, des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie.

Originalveröffentlichung: Stittrich A.-B. et al.; "The microRNA miR-182 is induced by IL-2 and promotes clonal expansion of activated helper T lymphocytes"; Nature Immunology 2010

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