London (11. Juli 02) -
Nervenzellen aus der eigenen Nase
könnten eines Tages gelähmten Patienten wieder auf die Beine helfen. Die
als olfaktorische Hüllzellen bezeichneten
Zellen sollen eine Art Brücke
zwischen den durchtrennten Teilen des Rückenmarks bilden, um die
Nervenzellen durch den zerstörten Bereich zu leiten. Die Methode wurde
bereits an Ratten getestet. Australische Neurologen der Griffith
University in Brisbane wenden diese nun zum ersten Mal bei Menschen an,
berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist.
Die olfaktorischen Hüllzellen verbinden die Sinneszellen der
Nasenschleimhaut mit dem Gehirn. Anders als die meisten Nervenzellen
regenerieren sie sich während des ganzen Lebens, eine Eigenschaft, die
vermutlich daraus resultiert, dass sie bei einer Infektion leicht
zerstört werden. Weltweit haben Forscherteams bereits Experimente mit
olfaktorischen Hüllzellen an gelähmten Ratten durchgeführt, einige waren
sehr erfolgreich. Tiere mit einem gänzlich zerstörten Rückenmark gewannen
nach einer Transplantation der Hüllzellen die Kontrolle über ihre
Hinterbeine wieder zurück. Bisher war diese Behandlung für Menschen aber
ungeeignet, da sie aus dem Inneren des Schädels entnommen werden.
Außerdem konnten von einem Patienten nicht genügend Zellen gesammelt
werden, um das durchtrennte Rückenmark zu überbrücken.
Das Team um Alan Mackay-Sim von der Griffith Universität in Brisbane
http://www.brisinst.org.au entwickelte daher eine Methode, um unter
Lokalanästhesie einige Zellen zu entnehmen und sie in einer Zellkultur zu
vermehren. Drei von der Hüfte abwärts gelähmte Patienten konnte
Mackay-Sim für einen Studienzeitraum zwischen sechs Monaten und drei
Jahren bereits rekrutieren. Fünf weitere sollen noch hinzu kommen.
Beteiligte Neurologen rechnen allerdings nicht mit einem großen Wunder.
"Selbst wenn Patienten nur einen Bruchteil ihrer Empfindungen wieder
zurück erlangen wie z.B. eine Verbesserung der Blasen-, Darm- oder
Sexualfunktion ist es ein Schritt vorwärts", so Tim Geraghty vom Princess
Alexandra Hospital in Brisbane.
Die Injektion von olfaktorischen Hüllzellen ist nicht die einzige
Methode, die derzeit zur Behandlung von Paralyse eingesetzt wird. Eine
weitere Möglichkeit ist die Transplantation so genannter Schwann´scher
Zellen aus peripheren Nerven, die durch
Wachstumsfaktoren diese zum
Wachstum angeregt werden. Ein Fortschritt wurde jüngst durch
Stammzellen
erzielt. "Eine wirksame Behandlung wird vermutlich verschiedene Methoden
kombinieren", schätzt Robin Franklin von der University of Cambridge.