Stammzellforschung: Katholische Kirche gegen Stichtag-Verschiebung

11.04.2008
(dpa) Der Leiter der Bioethik-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Gebhard Fürst, hat vor einer Lockerung der Beschränkungen zur Forschung mit embryonalen Stammzellen gewarnt. «Die Gewinnung menschlicher Embryonen ist nur möglich, indem menschliche Embryonen getötet werden. Es kann keinen Zweck geben, der eine solche Tat rechtfertigt», sagte der katholische Bischof von Rottenburg-Stuttgart der «Passauer Neuen Presse». «Wer den Stichtag verschiebt, schafft einen neuen Anreiz, um doch wieder Embryonen gezielt zu erzeugen.» Der Bundestag wird am heutigen Freitag über vier fraktionsübergreifend erstellte Anträge zur Stammzellenforschung entscheiden. Derzeit dürfen Forscher in Deutschland nur Stammzellen verwenden, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden. Diese älteren Zellen lassen jedoch nach Ansicht der Forscher qualitativ keine Spitzenforschung mehr zu. Gefordert wird in den vier verschiedenen Gruppenanträgen entweder ein völliger Verzicht auf die Stichtagsregelung, eine einmalige Aktualisierung, die Bewahrung der bisherigen Rechtslage oder ein völliges Verbot der Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen. Obwohl die Befürworter einer Verschiebung des Stichtages bisher über die Mehrheit im Parlament verfügen, gilt das Abstimmungsergebnis in der ethisch umstrittenen Frage noch als offen. Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) befürwortet eine Verschiebung des Stichtags vom 1. Januar 2002 auf den 1. Mai 2007. Diese Haltung kritisierte Bischof Fürst. «Dass sie ohne Not eine neue Stichtagsregelung sucht, das verstehe ich nicht. Und das kann ich auch nicht billigen.» In der Bioethik sei eine gewisse Entfremdung zwischen Union und Kirche eingetreten. «In diesen Fragen sind uns die Grünen näher als die CDU.» Fürst warb für die Forschung mit adulten Stammzellen: «Wir ermuntern alle Wissenschaftler, an dieser Stelle weiterzumachen.» Der katholische Bischof kritisierte auch die Haltung der Evangelischen Kirche in dieser Frage. Dass der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, sich für eine Verschiebung des Stichtags einsetze, bedauere er sehr. «Wenn er jetzt einen Stichtag akzeptiert, dann akzeptiert er auch einen abgestuften Schutz menschlichen Lebens. Embryonen im Reagenzglas haben demnach niedrigeren Status und genießen weniger Schutz als Embryonen im Mutterleib. Das kann ich guten Gewissens nicht nachvollziehen», sagte Fürst der «Passauer Neuen Presse».

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