Warten auf den Reparaturdienst der Zelle

Wie gefährliche DNA-Schäden gefunden werden

13.02.2007

Das menschliche Genom wird durch innere und äußere Einflüsse ständig geschädigt. So führt unter anderem die UV-Strahlung als immerwährender Begleiter des Sonnenlichts zur Bildung von gefährlichen Veränderungen des Erbmoleküls DNA. Besonders häufig entstehen sogenannte CPD-Schäden, die Hautkrebs verursachen. Sie treten auf, wenn sich zwei benachbarte DNA-Bausteine, sogenannte Thymine, zu einem Dimer und damit zu einer festen Einheit verbinden. Ein Problem, das bei derartigen Schäden auftritt, ist die Störung der Transkription, also die Abschrift der Gene. Dabei wird die genetische Information mit Hilfe des Enzyms RNA-Polymerase II auf ein Botenmolekül, die mRNA, übertragen. Professor Patrick Cramer (Genzentrum und Department für Chemie und Biochemie) und Professor Thomas Carell (Department für Chemie und Biochemie der LMU) konnten mit Hilfe ihrer Mitarbeiter Florian Brückner und Ulrich Hennecke zeigen, wie die DNA-Schäden mit der Transkription interferieren. Da die Genabschrift unter anderem die DNA-Reparatur steuert, ergeben sich neue Einblicke in den Prozess der Transkriptions-gekoppelten Reparatur ("transcription-coupled repair" oder "TCR").

Die Wissenschaftler konnten die Strukturen von DNA-Strängen mit eingebautem Thymin-Dimer zusammen mit der RNA-Polymerase II in verschiedenen Stadien des Kontakts entschlüsseln und die Beobachtungen durch biochemische Studien zu einem Gesamtbild des Erkennungsprozesses ergänzen. Das Enzym produziert normalerweise ein RNA-Molekül mit einer Abfolge von Bausteinen, die die des DNA-Stranges widerspiegeln. Auf Höhe des CPD-Schadens aber wird ein falscher Baustein eingebaut, der das Enzym stoppt. Das wiederum leitet die Entfernung des Dimers und Korrektur des DNA-Stranges ein. "Offensichtlich werden durch die Blockade des Enzyms die Faktoren der Transkriptions-gekoppelten DNA-Reparatur rekrutiert", so Carell. "Sie schneiden anschließend das Stück DNA aus, das den CPD-Schaden enthält. Die Lücke wird dann mit den korrekten Bausteinen wieder aufgefüllt." Bislang war unklar, wie genau die RNA-Polymerase II, Pol II, angehalten wird. Die Strukturanalysen der LMU-Forscher zeigen jetzt aber, dass CPD-Schäden zum einen den Ablesevorgang des DNA-Stranges erheblich verlangsamen.

Dazu kommt, dass in den neu synthetisierten RNA-Strang auf Höhe des Dimers ein bestimmter Baustein, das Uridin, eingebaut wird. Dieser Vorgang, der eine Fehlpaarung nach sich zieht, blockiert schließlich die RNA-Pol II, weil die Kombination aus Dimer und Uridin verhindert, dass der DNA-Strang und das RNA-Molekül weiter transportiert werden. Das konnten die Wissenschaftler zeigen, indem sie artifiziell in einen RNA-Strang auf Höhe eines Dimers einen anderen Baustein als Uridin einbauten: In diesem Fall brachte Pol II die Transkription zu Ende. "Wir konnten zudem nicht beobachten, dass der DNA-Schaden eine Konformationsänderung des Enzyms, also eine andere strukturelle Anordnung, auslöst", berichtet Cramer. "Es wurde vermutet, dass eine derartige Veränderung der Pol II die Reparaturfaktoren rekrutiert. Tatsächlich aber bleibt das Enzym wohl während des gesamten Prozesses weitgehend unverändert, was die Erkennung chemisch verschiedener Schäden ermöglicht. Vermutlich ist die Blockade bei CPD-Schäden - im Gegensatz zu anderen DNA-Veränderungen - so dauerhaft und stabil, dass genug Zeit bleibt, die gesamte Reparaturmaschinerie in Gang zu setzen."

Originalveröffentlichung: Florian Brückner, Ulrich Hennecke, Thomas Carell, Patrick Cramer; "CPD Damage Recognition by Transcribing RNA Polymerase II"; Science 2007.

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