Gezähmte Aids-Viren als sichere Genfähren zur Behandlung erblicher Augenerkrankungen

13.03.2006

Ein verändertes Aids-Virus verwendete eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern für die Genübertragung in Netzhautzellen von Mäusen. Damit gelang erstmalig die Behandlung einer erblichen Augenerkrankung durch Gentherapie.

Die Suche galt einem viralen Vektor, der Gene zu therapeutischen Zwecken in die Netzhaut einer Maus einbringen konnte, ohne Mutationen auszulösen. Das Therapiegen sollte - über möglichst lange Zeit - für die defekte, zelleigene Kopie einspringen und von der Zelle vervielfältigt werden. Die Lösung in Form eines veränderten Aids-Virus fanden die Londoner Wissenschaftler Dr. Rafael Yáñes- Muños und Professor Adrian Thrasher. Professor Christof von Kalle vom Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg war mit seiner Gruppe an Untersuchungen zur Effizienz und zu Sicherheitsfragen dieser Vektoren beteiligt.

Gentherapie ist die Behandlung von Erbkrankheiten durch das Einbringen von Genen in die Zellen betroffener Gewebe. So kann die Funktion des eingebrachten Gens die Fehlregulation oder den Ausfall mutierter Gene ausgleichen. Bei der hier untersuchten Methode transportierte eine stark abgewandelte Form des Aids-Virus das genetische Material in die Zellen. Dazu wurden die Sequenzen, die das Virus gefährlich machen, aus dessen genetischer Information entfernt und stattdessen das benötigte Gen ergänzt. Mögliche Risiken eines solchen Vorgehens liegen darin, dass die Gene unkontrolliert in das Genom der Wirtszelle eingebaut werden und dabei wichtige Informationen verändern können (Insertionsmutagnese). Je nach Platzierung dieser Insertion kann sich daraus Krebs entwickeln.

Yáñes-Muños et al. umgingen dieses Problem, indem sie durch Veränderung der viralen Erbinformation den Einbau in das Genom der Wirtszelle verhinderten. Um zu überprüfen, ob die Zelle die neuen Informationen dennoch ablas und in Proteine übersetzte, ließen die Wissenschaftler das Virus ein Quallen-Gen in die Netzhautzellen injizieren. Dieses enthielt den Bauplan für ein Protein, das nach Belichtung mit Licht einer anderen Wellenlänge grün fluoresziert. Weil die neue Information konstant umgesetzt wurde, leuchteten die Augen der Mäuse grün, sogar noch neun Monate später. Entsprechend effektiv gelang diese Methode auch mit dem therapeutischen Gen. Die Heilung dieser seltenen Netzhauterkrankung im Mausmodel ist laut Yáñes-Muños und Thrasher richtungsweisend für die Behandlung anderer erblicher Augenkrankheiten. Die Erprobung am Menschen sollte bereits in zwei bis drei Jahren möglich sein.

Originalveröffentlichung: R. J Yáñez-Muñoz, K. S Balaggan, A. MacNeil, S. J Howe, M. Schmidt, A. J. Smith, P. Buch, R. E. MacLaren, P. N. Anderson, S. E. Barker, Y. Duran, C. Bartholomae, C. von Kalle, J. R. Heckenlively, C. Kinnon, R. R. Ali, A. J. Thrasher; "Effective gene therapy with nonintegrating lentiviral vectors"; Nature Medicine 2006, 12 (3), 348-353.

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