Kopflose Kaulquappen und Krebs - Folgen von Störungen der zellulären Kommunikation

13.12.2005

Hochkomplexe biochemische Signalsysteme geben den Zellen des Körpers die Befehle zur Zellteilung, zum Wachstumsstopp oder zur Spezialisierung auf bestimmte Aufgaben. Eines der wichtigsten unter den zellulären Kommunikationssystemen ist der Wnt-Signalweg, der die Embryonalentwicklung steuert, aber auch bei der Tumorentstehung eine Rolle spielt. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums konnten nun eine entscheidende Wissenslücke in der gut erforschten Abfolge dieser biochemischen Signale schließen.

Rund 20 verschiedene Vertreter der Wnt-Proteinfamilie starten eine Signalkaskade, die Befehle von speziellen Andockstellen auf der Zellmembran über das Zytoplasma bis in den Zellkern weiterleiten. Die Zelle reagiert auf das Signal, indem Sie bestimmte Gene an- oder abschaltet. Wissenschaftler um Professor Dr. Christof Niehrs beschreiben in der Zeitschrift Nature den entscheidenden Schritt der Signalweiterleitung von der Zellmembran ins Zellplasma - eine bislang unbekannte Etappe auf dem Weg der Nachrichtenübermittlung. Das Enzym Casein Kinase 1γ (CK1γ), so zeigten sie, ist unerlässlich, um die Wnt-Signale von den Rezeptoren der Zellmembran ins Zellinnere weiterzuleiten.

Bei Wirbeltieren entscheiden Wnt-Signale über die Ausprägung der Körperachsen. Dass CK1γ eine wichtige Komponente des Wnt-Signalwegs ist, zeigten die Heidelberger Forscher an der Wirkung des Enzyms auf Embryonen des Krallenfrosches Xenopus. Wird CK1γ im Froschembryo ausgeschaltet, so entwickeln sich Kaulquappen mit verkümmertem Hinterleib und vergrößertem Kopf. Erhöhen die Wissenschaftler dagegen die CK1γ-Konzentration im Embryo, so resultieren daraus missgebildete kopflose Kaulquappen. Die Funktion von CK1γ ist in der Evolution hoch konserviert: Eine Blockade von CK1γ unterbricht auch in Zellen der Taufliege Drosophila den Wnt-Signalweg.

Da bei den meisten häufigen Tumorerkrankungen Veränderungen in verschiedenen Genen des Wnt-Wegs beschrieben sind, steht dieser zelluläre Kommunikationsweg im Zentrum des Interesses der Krebsforschung. Je lückenloser die einzelnen Schritte aufgeklärt sind, desto mehr Möglichkeiten bieten sich, mit modernen Therapeutika gezielt in die fehlgeleitete Kommunikation entarteter Zellen einzugreifen.

Originalveröffentlichung: G. Davidson, W. Wu, J. Shen, J. Bilic, U. Fenger, P. Stannek, A. Glinka, C. Niehrs; "Casein kinase 1γ couples WNT receptor activation to cytoplasmic signal transduction."; Nature 2005.

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