Studie stützt These von der Entstehung des Lebens
Die Wissenschaftler um Professor Dr. Michael Famulok haben nun ein derartiges RNA-Enzym oder "Ribozym" entdeckt, das die Aldol-Reaktion mit mehr als 4.000facher Geschwindigkeit katalysiert. Die Forscher "angelten" ihr Ribozym aus einem Cocktail von mehreren Billiarden verschiedenen RNA-Molekülen, die sie nach dem Zufallsprinzip hergestellt hatten. Als "Wurm" diente ihnen der Aldehyd, dessen Verknüpfung mit einem Keton das Ribozym katalysieren sollte. Zwar blieben an ihrer "Angel" auch falsche RNA-Moleküle hängen. Nach mehreren Anreicherungsschritten blieb davon jedoch genau eines übrig, das die Aldol-Reaktion katalysieren konnte.
Die Bonner Studie gibt der so genannten "RNA-Welt-Hypothese" Rückenwind, die der US-Forscher Walter Gilbert 1986 entwickelt hat. Danach waren die ersten "Lebewesen" auf der Erde RNA-Moleküle, die sich dank ihrer katalytischen Eigenschaften selbst vervielfältigen konnten. In heutigen Zellen fungieren dagegen bestimmte Proteine als DNA-Kopierer. Die "Bauanleitung" dieser Kopierer steht wiederum in den Erbanlagen. Sprich: Ohne Proteine keine DNA, ohne DNA keine Proteine - ein klassisches Henne-Ei-Paradoxon. Seit den 80er Jahren weiß man aber, dass es in der Zelle Ribozyme gibt, die ebenfalls chemische Reaktionen beschleunigen können. Seitdem scheint es auch denkbar, dass sich RNA - wie von Gilbert angenommen - selbst replizieren kann. Zwar ist ein solches RNA-Molekül trotz intensiver Suche bis heute nicht gefunden worden, doch zeigt die Entdeckung der Bonner Wissenschaftler, dass Ribozyme prinzipiell bestimmte Stoffwechsel-Reaktionen katalysieren können, was in einer RNA-Welt ohne Proteine ebenso nötig gewesen sein müsste wie die Selbstreplikation.
Warum die Natur dennoch zur Arbeitsteilung überging, ist einfach zu verstehen: DNA ist wesentlich weniger reaktiv und damit stabiler als RNA. Daher eignet sie sich besser zur langfristigen Speicherung von Informationen.
Originalveröffentlichung: Chemistry & Biology 2005, 12, 941-950.
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