Nationale Arzneimittelforschung auf europäische Probe gestellt

27.11.2003
Die Umsetzung der europäischen "Clinical Trials"-Richtlinie 2001/20/EG in nationales Recht mittels der 12. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) und einer "Good-Clinical-Practice (GCP)-Rechtsverordnung bedeutet für die Entwicklung von Medikamenten tief greifende Veränderungen. "Pharmainnovationen vor dem Hintergrund der 12. AMG-Novelle" und deren Auswirkungen auf Industrie und Universität standen daher im Mittelpunkt des jüngsten Kooperationsforums der nordrhein-westfälischen LSA Life Science Agency GmbH.Vor mehr als 20 Teilnehmern aus pharmazeutischer Industrie und Forschungsinstitutionen referierten mit Horst Hasskarl und Ingrid Klingmann zwei renommierte Experten am im November in Düsseldorf zu rechtlichen und praktischen Auswirkungen der AMG-Novelle. "Klinische Prüfungen ohne staatliche Genehmigung wird es künftig nicht mehr geben", so Rechtsanwalt Hasskarl, Kanzlei Dr. Hasskarl und Partner, Ludwigshafen. Der Träger der Deutschen Pharma Recht-Preises 2003 stellte die rechtlichen Folgen der AMG-Novelle heraus. Zu denen gehört neben einer Änderung herstellungsrechtlicher Vorschriften, dass Behörden und Ethikkommissionen erweiterte Befugnisse, Auskunfts- und Überwachungsrechte erhalten. Hasskarl: "Die 12. AMG-Novelle und die damit verbundenen rechtlichen Änderungen der klinischen Prüfung bewirken einen Umbruch in einem bisher nicht da gewesenen Maße, auch durch direkte Bezugnahmen auf europäisches Recht. Verschärfungen an allen Ecken und Kanten werden die Folge sein". Dass es "klinische Prüfungen ohne staatliche Genehmigung nicht mehr geben" wird, verteure die klinische Forschung und stelle nicht zuletzt auch die beteiligten Behörden und Ethikkommissionen vor neue Herausforderungen. Dr. Ingrid Klingmann, Mitglied des Vorstands verschiedener in Europa aktiver Non-Profit-Vereinigungen wie DIA, EFGCP, AGAH und Inhaberin der belgischen Firma Pharmaplex, erläuterte die Intention und Konsequenzen der Novelle: "Sie dient der europäischen Harmonisierung der klinischen Entwicklung, verbessert den Schutz der Prüfungsteilnehmer im Rahmen der klinischen Forschung, aber der Aufwand wird für alle Beteiligten in Industrie, Hochschule, Ethikkommissionen und Behörden deutlich steigen. Manches erscheint im derzeitigen Entwurf als kaum praktikabel. Noch besteht allerdings die Chance, etwas zu ändern". Doch dafür müsse sich jeder einzelne stärker in den Gesetzgebungsprozess einbringen, Änderungen im Detail verfolgen und die derzeit mit dem Entwurf befassten Behörden danach fragen, wie man sich dort eine Umsetzung in die Praxis vorstellt. "Die internationale Akzeptanz von in Europa und Deutschland durchgeführten klinischen Studien wird weiter wachsen", so Hasskarl. Auch Dr. Ralf Piotrowiak, Veranstaltungsleiter und Geschäftsführer des LSA-Gesellschafters Health Care NRW e.V., bewertet diesen Aspekt positiv und führt aus: "Der gegenwärtige Entwurf bedeutet für die pharmazeutische Industrie in Deutschland, dass sie künftig höchsten internationalen Standards gerecht werden muss, was für viele allerdings schon jetzt zum Selbstverständnis gehört und als solches sicher nicht das große Problem darstellt". Eventuellen Chancen für die pharmazeutische Industrie steht Piotrowiak dennoch skeptisch gegenüber. "Die Umsetzung des genauen Wortlauts im derzeitigen Entwurf in die Praxis wird vielen Unternehmen und universitären Einrichtungen erhebliche Probleme bereiten. Aufwand und Kosten für klinische Prüfungen und Entwicklung werden nicht nur sehr viel weiter in die Höhe getrieben sondern auch die Entwicklungszeit insgesamt wird verlängert", so Piotrowiak. Zu begrüßen bleiben für ihn "die Fristsetzungen für beteiligte Behörden und Kommissionen", die dadurch angehalten würden, an einer zügigen Durchführung von klinischen Prüfungen mitzuwirken. Gemeinsam mit dem Gesellschafterverein Health Care NRW hat die LSA GmbH Anfang diesen Jahres die Kinder-Arzneimittel-Initiative (KAI) gegründet, die sich für eine verbesserte Versorgung von Kindern mit entsprechend geprüften Arzneimitteln einsetzt. In diesem Zusammenhang steht eine geplante Veranstaltung für NRW-Bundestagsabgeordnete im Januar 2004. "Sie sollen über die Inhalte und Konsequenzen der 12. AMG-Novelle besser informiert sein, wenn sie zur endgültigen Abstimmung gehen", so die Geschäftsführerin der LSA GmbH, Dr. Sylvia Deutschmann. Der Regierungsentwurf geht am 19. Dezember in den Bundesrat, im ersten, spätestens im zweiten Quartal 2004 soll das AMG verabschiedet werden.

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