Abschied vom Klonen?

Befürworter und Gegner des therapeutischen Klonens ringen um einen neuen Begriff

02.04.2003

Nachdem sich der Deutsche Bundestag Ende Februar fraktionsübergreifend für ein internationales Verbot aller Formen des Klonens von Menschen ausgesprochen hat, beginnt jetzt eine Auseinandersetzung um den Begriff des therapeutischen Klonens. Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Prof. Dr. Maria Böhmer, sieht die Menschenwürde verletzt, "wenn ein Embryo zu keinem anderen Zweck hergestellt wird, als ihn anschließend für die Gewinnung von Stammzellen zu töten." Sie sieht keine absehbaren therapeutischen Anwendungsmöglichkeiten des Klonens von menschlichen Embryonen. In der jüngsten Ausgabe der in Berlin erscheinenden "Zeitschrift für Biopolitik" schlägt sie daher vor, den Begriff des therapeutischen Klonens durch "Forschungsklonen" zu ersetzen.

Auch Professor Dr. Detlev Ganten, wissenschaftlicher Vorstand des Max-Delbrück-Zentrums für Molekulare Medizin in Berlin-Buch, spricht sich in der gleichen Ausgabe der "Zeitschrift für Biopolitik" für eine Klärung der Begriffe aus. Ihm geht es aber vor allem darum, daß den Wissenschaftlern die Möglichkeit gegeben wird, die ganze Spannweite der Differenzierung von embryonalen hin zu erwachsenen Zellen (und möglicherweise auch wieder zurück) zu erforschen. Klonen bedeute die ungeschlechtliche Herstellung von identischen Lebewesen, quasi eine Zwillingsproduktion. Gerade darum gehe es aber beim therapeutischen Klonen gar nicht, weshalb man lieber mit dem etwas sperrigen, aber wissenschaftlich exakteren Begriff "spezifische Zellvermehrung und Zelltransplantation" arbeiten solle. "Bei den hier diskutierten Methoden handelt es sich um den Transfer von menschlichen Zellkernen in Eizellen, um Zellen in einen embryonalen Zustand zurückzuversetzen. Wissenschaftliches und medizinisches Ziel ist dabei die ungeschlechtliche Zellgenerierung, eine spezifische Zellvermehrung und Zelldifferenzierung mit gewünschten Eigenschaften. In der Anwendung geht es um Zellregeneration, Zelltransplantation oder Zellersatz", erläutert Ganten. "Es dreht sich hierbei zellbiologisch um die interessante und wichtige Frage, wie Zellen sich zu den vielen verschiedenen Funktionen differenzieren können, die sie später im Körper zu erfüllen haben, und auf welche Weise wir dieses neue Wissen bei der Behandlung von Krankheiten einsetzen können."

Als einer der führenden Naturwissenschaftler ist Professor Ganten mit der parteiübergreifenden Entscheidung des Bundestages nicht gerade glücklich und plädiert dafür, Deutschland auch auf diesem wichtigen Forschungsgebiet die Chance zu geben, an den großen internationalen Entwicklungen teilzuhaben: "Wir müssen die Wissenschaft verstehen, um Chancen und Risiken wirklich einschätzen zu können. Dazu bedarf es nicht der vorauseilenden Vermeidung vermeintlichen Unglücks, sondern der Förderung der Forschung und Prüfung der medizinischen Möglichkeiten".

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