PwC sieht Pharmaindustrie vor größeren Zusammenschlüssen

09.01.2003
FRANKFURT (dpa-AFX) - Auslaufende Patente und der Wunsch, durch Fusionen die Schlagkraft in Marketing und Vertrieb zu stärken, dürften auch 2003 für Fusionen und Übernahmen in der Pharma-Branche sorgen. Das sagte Volker Fitzner, Partner bei PricewaterhouseCoopers (PwC), in einem Gespräch mit dpa-AFX. "Bis 2005 fallen durch auslaufende Patente rund 40 Milliarden Dollar an Umsatz aus, so dass Unternehmen gezwungen sind, pro Jahr drei bis fünf neue Wirkstoffe auf den Markt zu bringen, und dies ist für viele aus eigener Kraft unmöglich." Die anhaltende Suche des Leverkusener Bayer-Konzerns nach einem Partner für seine angeschlagene Pharmasparte bleibe auch im laufenden Jahr das große Fusionsthema in der deutschen Pharmaindustrie, sagte Fitzner. Damit teilt er die Einschätzung vieler Branchenexperten. "Die Herausforderung für die Unternehmen besteht vor allem darin, die Produktivität ihrer Forschungs- und Entwicklungsbereiche zu verbessern." Ob dies allein durch schiere Größe gelinge, bleibe abzuwarten. "Die Zusammenschlüsse sind derzeit eher produktgetrieben als noch vor drei bis vier Jahren, als noch schiere Größe anscheinend sexy war." Das Einsparpotenzial durch einen Zusammenschluss werde jedoch oft überschätzt. ÜBERNAHMEN IM WERT VON 61 MRD DOLLAR Während jedoch die Anzahl der Transaktionen im ersten Halbjahr 2002 mit 171 nach 165 im Vergleichszeitraum 2001 leicht zugenommen habe, sei das Marktvolumen der Übernahmen und Fusionen auf rund 5 Milliarden Dollar nach 27 Milliarden Dollar in der ersten Jahreshälfte 2001 deutlich geschrumpft. Die geplante Übernahme des US-Unternehmens Pharmacia durch den Pharmakonzern Pfizer dürfte das Transaktionsvolumen für 2002 jedoch über den Vorjahreswert von 61 Milliarden Dollar hieven, erwartet Experte Fitzner. VERTRIEB- UND MARKETING ZENTRAL Die Gründe der Zusammenschlüsse seien vielseitig: Reine Arzneimittel-Entwickler versuchten durch den Zukauf von Vertriebs- und Marketingkompetenzen zu integrierten Pharma-Unternehmen zu werden. Andererseits sollen die teils sehr dünnen Forschungs-Pipelines durch den Zukauf von Produktkandidaten in späten Phasen der klinischen Entwicklung aufgebessert werden. "Die angekündigte Übernahme des US-Pharma-Konzerns Pharmacia durch den Weltmarktführer Pfizer für 53 Milliarden US-Dollar zeigt, dass die Phase der Großakquisitionen noch nicht vorüber ist." Die Big Player aus den USA seien zwar weiterhin führend. Doch auch deutsche Pharmakonzerne wie Schering seien im ersten Halbjahr 2002 weltweit an zwei der zehn größten Transaktionen beteiligt gewesen. GROSSE DEALS BLEIBEN AUS Die krisengeschüttelten Biotech-Unternehmen sind nach Fitzners Einschätzung von der Zurückhaltung der Märkte und der Risikokapitalgeber herb überrascht worden. Viele hätten gehofft, sich nach dem Börsengang erneut refinanzieren zu können, doch diese Hoffnung habe sich in der derzeitigen negativen Börsenstimmung nicht erfüllt. Eine Lösung der Biotech-Krise in Deutschland sieht der Experte für Fusionen und Übernahmen in Zusammenschlüssen zwischen denen, die das nötige Kapital mitbringen, und jenen, die über überzeugende Technologie und Produktkandidaten verfügten. "Doch bisher spielen zu viele persönliche Befindlichkeiten eine Rolle, denn meistens haben die Unternehmensgründer auch die Position des Vorstandsvorsitzenden inne." Viele hätten zudem das gleiche Problem - zu wenig Liquidität und eine Entwicklungspipeline, die nicht überzeugen könne. Pharmafirmen dürften sich auch in diesem Jahr strategisch an Biotechs beteiligen - Übernahmen werden jedoch eher in den USA stattfinden, da die deutschen Biotechs vergleichsweise noch nicht sonderlich weit entwickelt seien. "Die großen Player sind eher an Produkten in Phase II oder Phase III interessiert, und da sieht es in der deutschen Biotech-Branche mau aus", erklärt Fitzner. FORSCHUNGSAKTIVITÄTEN WANDERN INS AUSLAND "Die Politik hat in den letzten Jahren sehr negativ auf das Umfeld eingewirkt, das forschende Pharmaunternehmen brauchen", sagt Fitzner. "Der Zug für Deutschland als Pharmastandort ist fast schon abgefahren, wenn man sieht, in welch' starkem Umfang auch deutsche Pharmaunternehmen ihre Forschungsaktivitäten noch stärker ins Ausland verlagern. Zudem werde das Geld bisher schon hauptsächlich in den USA verdient und deshalb dürfte Deutschland als Markt auch relativ an Bedeutung verlieren.

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