Pharmamanager vor FDA-Entscheidung zwischen Hoffen und Bangen

Von Elke Pfeifer, dpa

20.12.2002
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Entscheidungen der US-amerikanischen Behörde mit den drei Großbuchstaben lassen keinen Pharmamanager kalt. Von einer auf die andere Minute kann die Entscheidung der amerikanischen Zulassungsbehörde für Arzneimittel, medizintechnische Produkte, Tiermedizin, Lebensmittelzusätze und Kosmetika den Börsenwert eines Unternehmens um Milliardenbeträge in die Höhe treiben oder in den Abgrund schicken. Denn die FDA, die mit dem Bush-Berater Mark McClellan nach fast zweijähriger Führungslosigkeit seit Oktober wieder einen neuen Chef hat, ist eine immer größere Hürde für die Pharmaindustrie auf dem Weg zu dem lukrativsten Pharmamarkt der Welt, den USA. VERFAHREN WIRD IMMER KOMPLIZIERTER Nach Aussage von Firmenchefs wie Henry MCKinnell vom weltweit größten Pharmakonzern Pfizer Inc., müssen Unternehmen der Behörde immer mehr Informationen vorlegen, was den Zulassungsprozess in die Länge zieht. Zudem gibt es eine Vielzahl von Medikamenten, die mit einem ähnlichen Wirkmechanismus die gleiche Krankheit bekämpfen. Vergleichbare neue Präparate müssen daher bei der FDA ihre Zulassung über eine bessere Wirksamkeit oder deutlich geringere Nebenwirkungen rechtfertigen. Die Behörde habe nicht zuletzt wegen Arzneimittelrückrufen wie im Falle des Bayer-Medikaments Lipobay oder des Vitamincocktails "Fen-Phen" ein verstärktes Sicherheitsbewußtsein entwickelt. Die Zahl der neuen Arzneimittelwirkstoffe, den sogenannten New Molecular Entities (NME) ist von 27 im Jahr 2000 auf 24 in 2001 gesunken. In diesem Jahr wurden von der FDA bis Ende November lediglich 15 neuen Wirkstoffen grünes Licht erteilt. "Damit kann die Behörde selbst nicht zufrieden sein und wir gehen auch davon aus, dass im kommenden Jahr die Neuzulassungen wieder deutlich ansteigen werden", ist sich WestLB Panmure-Analyst Andreas Theisen sicher. ANALYST ERWARTET KLARE LINIEN VON NEUEM CHEF "Ich glaube, dass der neue FDA-Chef McClellan der FDA ein klareres Profil geben wird, was die Anforderungen an neue Medikamente angeht", erwartet Pharmaanalyst Theisen. Auch die Zulassungszeiten, die sich in jüngster Zeit von durchschnittlich 15 Monaten in 1997 auf 18 bis 19 Monate verlängert hätten, dürften von der versprochenen Effizienzsteigerung profitieren. Der im Bush-Beraterstab tätige Arzt und Volkswirt McClellan hat bereits angekündigt, den Genehmigungsprozess künftig effizienter gestalten zu wollen. "Es gibt eine Reihe von Gründen für den Rückgang der Zulassungen in den vergangenen Jahren und eines der Dinge, die wir tun können ist, dass der Genehmigungsprozess so effizient wie möglich funktioniert", sagte McClellan kürzlich. KURSFEUERWERK BEI Schwarz Pharma NACH ENDGÜLTIGER FDA-ENTSCHEIDUNG Wie massiv sich FDA-Entscheidungen auf die Kursentwicklung einzelner Unternehmen auswirken, zeigt auch der Fall des Familienunternehmens Schwarz Pharma: Über rund 100 Prozent Kursgewinn seit Anfang November dürfen sich die Aktionäre des Arzneimittelherstellers freuen, nachdem die FDA endgültig grünes Licht für die US-Zulassung eines Nachahmerproduktes zu dem Umsatzspitzenreiter Prilosec von AstraZeneca Plc gegeben hatte. Zuvor hatte das MDAX-Unternehmen Schwarz Pharma, nach dem gewonnen Patentstreit gegen den Originalhersteller AstraZeneca, mit einer Kooperationsvereinbarung mit der Darmstädter Merck KGaA sowie dem US-Pharmahersteller Andrx, den Weg für günstigere Nachahmermedikamente zu Prilosec mit dem Wirkstoff Omeprazol in den USA freigemacht. Prilosec ist derzeit das weltweit umsatzstärkste Magenmittel. Es hatte im vergangenen Jahr allein in den USA einen Umsatz von etwa 3,7 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Weltweit waren es etwa sechs Milliarden Dollar. SCHERING WENIGER GLÜCKLICH MIT FDA-ENTSCHEIDUNGEN Weniger glücklich lief es in diesem Jahr für den Berliner Pharmakonzern Schering. Am 18. Oktober verweigerte die FDA vorerst die Zulassung für das neue Schering-Hormonersatzpräparat "Angeliq" (HRT), das bei Beschwerden in den Wechseljahren helfen soll. Nur wenige Tage zuvor hatte das Hormonpflaster Climare Pro zunächst keine US-Zulassung bekommen. Schering wurde bereits Mitte des Jahres in Sippenhaft genommen, nachdem eine umstittene Studie zur Hormon-Ersatztherapie mit Medikamenten des Konkurrenten Wyeth vorzeitig wegen Nebenwirkungen abgebrochen werden musste. ---Von Elke Pfeifer, dpa

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