Studie: Neue Wachstumsstrategien für die Pharmaindustrie

Ein auf zielgerichteter Krankheitsbehandlung basierendes Geschäftsmodell könnte der pharmazeutischen Industrie zu einem Wachstumsdurchbruch verhelfen.

26.11.2002
Stuttgart (ots) - Kürzere Entwicklungszyklen, höhere Erfolgsraten und deutlich geringere Forschungs- und Entwicklungskosten: Ein neues, auf zielgerichteter Krankheitsbehandlung basierendes Geschäftsmodell könnte der pharmazeutischen Industrie zu einem Wachstumsdurchbruch verhelfen. Dies prognostiziert die aktuelle Studie "Pharma 2010: Auf der Schwelle zur Innovation" von IBM Business Consulting Services. Während Pharmaunternehmen in der Vergangenheit einen beachtlichen Return on Investment erzielen konnten, sind es heute Regierungen und Krankenversicherungen, die zunehmend ihre Forderungen und Preisvorstellungen durchsetzen. Zu beobachten ist eine Verschiebung des Markteinflusses von der Industrie zu den Kunden (Patienten, Versicherungen und Ärzte). Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die finanziellen Mittel, die in Zukunft für Forschung und Entwicklung neuer Medikamente zur Verfügung stehen. Mit anderen Worten: Es sind die Finanzierer des Gesundheitswesens und nicht die Medikamentenhersteller, die zukünftig die Schwelle zur Innovation festlegen, wenn die Industrie nicht mit neuen Behandlungs- und Geschäftsmodellen reagiert. Die neue Studie "Pharma 2010: Auf der Schwelle zur Innovation" von IBM Business Consulting Services erläutert zukünftige Wachstumsstrategien. Wegweisend sind Konzepte, die auf zielorientierte Behandlungsmethoden - so genannte Targeted Treatment Solutions (TTS) - setzen. Mit diesem Modell der Medikamentenentwicklung könnten die Entwicklungszyklen von der Identifizierung von Wirkorten bis zum fertigen Arzneimittel von momentan durchschnittlich 13 Jahren auf etwa vier Jahre verkürzt werden. Zudem könnte die Erfolgsrate von der ersten Testphase am Menschen bis zur Markteinführung des Medikamentes vervierfacht werden. Die Forschungs- und Entwicklungskosten könnten sich auf ein Viertel reduzieren lassen - momentan liegen sie durchschnittlich bei 800 Millionen US-Dollar pro Medikament. Die klassischen Behandlungsmethoden arbeiten vorwiegend mit Medikamenten, die für Patienten mit ähnlichen Symptomen, aber unterschiedlichen Krankheitsbildern, entwickelt wurden. TTS hingegen beschäftigt sich mit dem jeweils spezifischen Krankheitsbild und berücksichtigt dabei individuelle Diagnostik und Medikation für Patienten. Ein neues Modell der Medikamentenentwicklung erweitert die bisherige chemische Welt um eine zunehmend biologische Sichtweise. Genomik wird hier eine wichtige Rolle spielen, weil auf Basis ihres molekularbiologischen Ansatzes Krankheiten präziser und schneller diagnostiziert werden können. "Mit Genomik wird die Industrie in der Lage sein, Krankheiten besser zu definieren und zu verstehen", so Carsten Radtke, Partner für Lifesciences und Pharmaceuticals bei IBM Business Consulting Services. "Dies wiederum ermöglicht es der Pharmaindustrie, zielgerichtete Behandlungsmethoden für Patienten mit spezifischen Krankheitszuständen zu entwickeln. 'Eine-Pille-für-alles'-Medikamente für Patienten mit ähnlichen Symptomen aber grundsätzlich unterschiedlichen Erkrankungen gehören damit der Vergangenheit an", sagt Radtke. Unternehmen, die sich der Herausforderung stellen, zielgerichtete Behandlungsmethoden anzubieten, müssen sich grundlegend wandeln. Um das neue Medikamentenmodell verwirklichen zu können, muss die pharmazeutische Industrie enge Kooperationen mit Behörden, Versicherungen und Patienten eingehen. Die Wertschöpfungskette der Industrie wird sich verändern, das Modell muss durch neue Vertriebs- und Marketing-Ansätze unterstützt werden, wie z. B. resultatabhängige Entschädigungsmodelle und Patientenüberwachungsprogramme. Auch die Rolle und Ausbildung des pharmazeutischen Außendienstes wird sich wandeln. Targeted Treatment Solutions als integrierte Lösung aus Diagnose und Behandlung nutzt allen Beteiligten im Gesundheitswesen: Patienten, Krankenversicherungen, Versicherten und Ärzten auf der einen Seite und der pharmazeutischen Industrie auf der anderen Seite. "Selbst wenn der Markt für zielgerichtete Behandlungen nur langsam in Schwung kommen sollte, könnten Unternehmen, die es verstehen entsprechende Medikamente zu entwickeln, ihren Shareholder Value bis 2010 deutlich steigern", erläutert Radtke. Mit dem jetzigen Geschäftsmodell wird die Pharmaindustrie nur moderat wachsen können. IBM Business Consulting Services prognostiziert bis 2010 eine Wachstumsrate von 5,3 Prozent, andere Analysten sehen immerhin neun Prozent. Sogar Unternehmen mit erfolgreichen Blockbustern werden nicht in der Lage sein, große Wertsteigerungen zu erzielen. Bestenfalls werden sie ihren momentanen Wert bis 2010 etwas mehr als verdoppeln können - eine Leistung, die deutlich unter dem in den 90er Jahren von der Industrie erzielten Wachstum liegt. Die Studie "Pharma 2010: Auf der Schwelle zur Innovation" liegt in englischer Sprache vor.

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