US-Biotech-Branche mit Rekordgewinn

Verluste in Europa leicht gesunken

16.06.2011 - Deutschland

Die weltweite Biotech-Branche erzielte im vergangenen Jahr einen Rekord-Gewinn von 4,7 Milliarden US-Dollar. Dies entspricht einem Anstieg von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allerdings sind die USA die einzige Region, die es in die Gewinnzone schaffte: Mit einem Zuwachs von 33 Prozent stieg hier der Gewinn der börsennotierten Unternehmen auf 4,9 Milliarden US-Dollar. Die anderen drei Biotech-Regionen Europa, Kanada und Australien konnten die Schwelle zum Gewinn nicht überschreiten: Während in Europa der Nettoverlust leicht von 467 Millionen auf 459 Millionen US-Dollar sank, stieg der Verlust in Kanada auf von 11 Millionen auf 336 Millionen US-Dollar und in Australien von 542 Millionen auf 681 Millionen US-Dollar. Damit ist der weltweite Nettoverlust der börsengelisteten Unternehmen von 1 Milliarde US-Dollar im Jahr 2009 auf rund 1,5 Milliarden US-Dollar im Jahr im Jahr 2010 gestiegen. Das sind Ergebnisse des weltweiten Biotech-Reports „Beyond Borders: Global Biotechnology Report 2011“ von Ernst & Young.

Start-ups verlieren im Wettbewerb um Eigenkapitalfinanzierung

Unternehmen in Nordamerika, Kanada und Europa haben im Jahr 2010 rund 25 Milliarden US Dollar an Kapital aufgenommen. Dies entspricht der durchschnittlichen Kapitalaufnahme in den vier Jahren vor der weltweiten Finanzkrise. Allerdings konnten in erster Linie etablierte und erfolgreiche Unternehmen Kapital anziehen. In den USA beispielsweise gingen im vergangenen Jahr 83 Prozent der investierten Finanzmittel an nur 20 Prozent der Unternehmen – 2009 lag der Finanzierungsanteil des oberen Fünftels noch bei 78,5 Prozent. Die schwächsten 20 Prozent der Unternehmen erhielten zusammen lediglich 0,4 Prozent der bereitgestellten Finanzierung – im Vorjahr lag ihr Anteil noch bei 0,6 Prozent. „Das aggregierte Ergebnis der Branche hat sich im Jahr 2010 zwar verbessert, aber es ist eine Kluft zwischen den großen, etablierten Firmen und den jungen Unternehmen entstanden, für die der Zugang zu Kapital weiterhin schwierig bleibt“, stellt Siegfried Bialojan, Leiter des Life Science Industriezentrums bei Ernst & Young fest. „Biotech-Unternehmen müssen die ihnen zur Verfügung stehenden Finanzmittel besser nutzen und sich bereits in den frühen Entwicklungsphasen bemühen, Investoren, Kostenträger und Regulatoren vom potenziellen Wert ihrer Produkte zu überzeugen.“

Finanzierung von Forschung und Entwicklung gerät unter Druck

Die Finanzierung von Forschung und Entwicklung (F&E) wird für die meisten Unternehmen aus der Branche immer schwieriger. So erhöhte sich der Zufluss großer Fremdkapitalfinanzierungen bei den reifen, ergebnisstarken Unternehmen um 150 Prozent gegenüber dem Jahr 2009. Gleichzeitig verringerte sich jedoch das Kapital für F&E-Innovationen (Gesamtfinanzierung abzüglich großer Fremdkapitalfinanzierungen) um 20 Prozent. Dies stellt viele junge Unternehmen, die noch keine Produkte vermarkten können und beispielsweise für die Medikamentenentwicklung noch jahrelang auf externe Finanzierungen angewiesen sind, vor große Probleme. „Das traditionelle Geschäftsmodell im Biotech-Bereich gerät dadurch unter Druck, so dass sich die Finanzierung für F&E möglicherweise grundlegend ändern muss“, warnt Bialojan.

Innovationskraft der Biotechbranche droht zu erlahmen

Verschiedene Entwicklungen machen es der Branche schwer, ihre bisherige Innovationskraft zu erhalten, weil weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Die Biotech-Branche leidet nicht nur unter einem Mangel an Kapital für Investitionen in F&E - sie muss sich im Wettbewerb um das ohnehin begrenzte Risikokapital zunehmend gegen Konkurrenten aus anderen Branchen behaupten. Gleichzeitig wird der Prozess der Entwicklung von Wirkstoffen immer zeitaufwendiger, kostenintensiver und riskanter. Zudem fordern die Behörden immer häufiger zusätzlich zu den klinischen Studien der Unternehmen weitere Daten als Voraussetzung für die Zulassung. Das kostet Zeit und Geld und erhöht das mit der Produktentwicklung verbundene Risiko. Hinzu kommt, dass die Gesundheitssysteme weltweit unter einem immer stärkeren Druck zur Kostensenkung stehen. Die Folge: Die mit den innovativen Produkten erzielten Preise geraten unter Druck.

Weniger M&A-Transaktionen

Die M&A-Aktivitäten unter Beteiligung europäischer und US amerikanischer Biotech-Unternehmen verringerten sich im vergangenen Jahr deutlich: Nach 58 Transaktionen im Jahr 2009 wurden im Jahr 2010 nur noch 45 Transaktionen durchgeführt. Der Gesamtwert der Transaktionen (nach Bereinigung um die Mega-Akquisition von Genentech) blieb mit  rund 20 Milliarden US-Dollar jedoch nahezu unverändert. Der potenzielle Wert strategischer Allianzen blieb mit insgesamt gut 40 Milliarden US Dollar nach wie vor hoch. Die Mittel, die von den Partnern der Biotech-Unternehmen vorab zur Verfügung gestellt wurden, verringerten sich jedoch um 37 Prozent auf 3,1 Milliarden US Dollar.

Zentrale Ergebnisse nach Regionen

USA

  • Der Umsatz der börsennotierten Biotech-Unternehmen wuchs um 10 Prozent auf 61,6 Milliarden US Dollar. Dies entspricht der Wachstumsrate von 2009 nach Bereinigung um die Akquisition von Genentech durch Roche.
  • Das Gesamtergebnis der Branche erhöhte sich von ca. 3,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2009 auf 4,9 Milliarden US Dollar im Jahr 2010.
  • M&A-Transaktionen unter Beteiligung von US-amerikanischen Biotech-Unternehmen erreichten mit 12,6 Milliarden US-Dollar den niedrigsten Gesamtwert in den letzten fünf Jahren.
  • Die Biotech-Branche in den USA erhielt im Jahr 2010 Finanzmittel von insgesamt 20,7 Milliarden US Dollar. Dies ist zwar eine Steigerung gegenüber dem im Vorjahr gewährten Finanzierungsvolumen von 18 Milliarden US-Dollar, beinhaltet jedoch im Wesentlichen das von ergebnisstarken Unternehmen aufgenommene Fremdkapital, das zur Refinanzierung bestehender Darlehen sowie für Aktienrückkäufe und Akquisitionen verwendet wurde.
  • Der Zufluss von Risikokapital in die Branche belief sich im Jahr 2010 in den USA auf 4,4 Milliarden US Dollar und lag damit leicht unter dem Vorjahresvolumen von 4,6 Milliarden US Dollar.

Europa

  • Der Umsatz der europäischen börsennotierten Biotech-Gesellschaften erhöhte sich um 12 Prozent auf 13 Milliarden Euro. Dies stellt eine deutliche Steigerung gegenüber dem Wachstum von 2 Prozent im Jahr 2009 dar.
  • Der von den Biotech-Unternehmen in der Region erzielte Verlust verringerte sich leicht gegenüber dem Vorjahr, von 467 Millionen Euro im Jahr 2009 auf 459 Millionen Euro im Jahr 2010.
  • Der Gesamtwert der M&A Aktivitäten in Europa stieg von 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf 3,5 Milliarden Euro im Jahr 2010.
  • Die in die europäische Biotech-Branche investierten Finanzmittel entsprechen mit 2,9 Milliarden Euro ungefähr dem Vorjahresniveau.
  • Der Zufluss von Risikokapital erreichte in Europa ein Gesamtvolumen von 1 Milliarde Euro und lag somit über dem Vorjahreswert von 790 Millionen Euro.

Kanada/Australien

  • Der kanadische Biotechnologie-Sektor erhielt im Jahr 2010 eine Gesamtfinanzierung von 482 Millionen US-Dollar. Dies sind 251 Millionen US-Dollar weniger als im Vorjahr. Zieht man jedoch die 325 Millionen US-Dollar ab, die in ein einziges Unternehmen flossen, so ergibt sich für die Branche ein Anstieg um 18 Prozent.
  • Die börsennotierten Biotech-Unternehmen in Australien erhielten 2010 Finanzmittel von insgesamt 129 Millionen US-Dollar und

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