Für Unterschied Mensch-Schimpanse sind Proteine wichtiger als Gene

12.04.2002
Berlin (dpa) - Die Unterschiede zwischen dem Menschen und seinem nächsten Verwandten, dem Schimpansen, liegen nicht in erster Linie in den Genen. Es ist vielmehr die Umsetzung der Gene in Proteine, die den Leistungsvorsprung des Menschen ausmacht. Das berichteten am Donnerstag in Berlin deutsche Wissenschaftler, die ihre Forschungsergebnisse zugleich in der amerikanischen Wissenschaftszeitschrift «Science» (Nr. 296, S. 340) veröffentlichten. Gene sind die Baupläne für Proteine, die fast alle Vorgänge im Körper chemisch bestimmen. Die Gene menschlicher Hirnzellen produzieren deutlich mehr Proteine als die von Schimpansen und anderen Affen, sagte Forschungsgruppenmitglied Wolfgang Enard vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie Leipzig. Und das, obwohl menschliche Gene zu 98,7 Prozent denen der Schimpansen gleichen. Die Forscher um den Wissenschaftler Svante Pääbo (ebenfalls Leipzig) hatten in ihrem Experiment Kopien (RNA) der Erbinformation von Leber-, Blut- und Hirnzellen von Menschen und Affen mit 12 000 bekannten menschlichen Genen verglichen. Das Ergebnis: Während Leber- und Blut-RNA von Mensch und Affe in etwa gleich hohe Protein- Aktivität aufweisen, war die Aktivität bei der menschlichen Hirn-RNA deutlich erhöht. Der Mensch setzt also vor allem im Hirn einen größeren Teil seiner Erbanlagen tatsächlich in Proteine um. Die Forscher schätzen, dass sich diese Unterschiede beim Ablesen der Gene in einem vergleichsweise kurzen Evolutionszeitraum entwickelt haben. Sie können allerdings weder einen genauen Zeitpunkt in der Millionen von Jahren umfassenden Evolutionsgeschichte für diesen Aktivitätsschub im menschlichen Gehirn angeben, noch wie er zu Stande kam. «Es ist zu früh, darüber was zu sagen», meinte Enard. Sie dämpften auch Hoffnungen auf einen Durchbruch im molekularen Verständnis von Krankheiten wie Aids, Malaria oder Alzheimer. «Wir wissen nur, das Schimpansen weniger an Krebs erkranken und dass sie kein Aids entwickeln», meinte Pääbo. Um festzustellen, ob der Unterschied in der Proteinaktivität nicht nur ein Zufall ist, wurden am Institut für Humangenetik der Humboldt- Universität zu Berlin zwei Mäusestämme miteinander verglichen. Sie fanden bei den Mäusen geringe Unterschiede im Aktivitätsgrad, was die Forscher in ihrer Ansicht bestätigte, dass die Diskrepanz zwischen Menschen und Schimpansen eine Besonderheit der Evolution ist. Die Forschung an dem vom Bundesforschungsministerium und der Max- Planck-Gesellschaft geförderten Projekt soll weitergehen, sagte Pääbo. Als nächstes sollten Gehirnzellen aus unterschiedlichen Hirnregionen miteinander verglichen werden, um die beteiligten Gene und ihre Protein-Produktion einzugrenzen. Der Vergleich zwischen dem menschlichen Genom und einem vollständigen Schimpansengenom könnte helfen, einer Antwort näher zu kommen. Letzteres liegt - im Unterschied zur menschlichen Genomkartierung - noch nicht vor. dpa un yybb tim

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