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Mukoviszidose



Klassifikation nach ICD-10
E84.- Zystische Fibrose
E84.0 Zystische Fibrose mit Lungenmanifestationen
E84.1 Zystische Fibrose mit Darmmanifestationen
E84.8- Zystische Fibrose mit sonstigen Manifestationen
E84.80 Zystische Fibrose mit Lungen- und Darm-Manifestation
E84.87 Zystische Fibrose mit sonstigen multiplen Manifestationen
E84.88 Zystische Fibrose mit sonstigen Manifestationen
E84.9 Zystische Fibrose, nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Mukoviszidose (lat. mucus „Schleim“ und viscidus „zäh, klebrig“) oder zystische Fibrose (engl. cystic fibrosis CF) ist eine genetisch bedingte, autosomal-rezessive angeborene Stoffwechselerkrankung. Bei Menschen mit dieser Erkrankung ist durch die Fehlfunktion von Chloridkanälen die Zusammensetzung aller Sekrete exokriner Drüsen verändert. Bei Gesunden werden in den Kanälen Chlorid-Ionen aus der Zelle transportiert. Da Chlorid-Ionen osmoaktiv sind, bewirken sie das Austreten von Wasser aus den Zellen in das umgebende Gewebe durch Osmose. Unterbleibt dies, ist der Wassergehalt der Körpersekrete zu niedrig und sie werden zähflüssig. In Lunge, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm, Gallenwegen und Schweißdrüsen werden daher zähflüssige Sekrete gebildet, die nur erschwert vom Körper abtransportiert werden können. Dadurch kommt es in den betroffenen Organen zu Funktionsstörungen unterschiedlicher Art.

Inhaltsverzeichnis

Ursache

Die Ursache für Mukoviszidose ist ein Defekt am langen Arm des Chromosoms 7 (Locus 7q31). Das betroffene Gen codiert für CFTR (für cystische-Fibrose-Transmembran-Regulatorprotein), ein Protein, das in der Zellmembran als Chloridkanal fungiert. Durch den Defekt im Gen wird das Protein verändert und die Kanalfunktion gestört. Die häufigste Mutation dieses Gens wird ΔF508 genannt. ΔF508 bezeichnet das Fehlen der Aminosäure Phenylalanin (= F) an der Position 508 im Protein und betrifft etwa 7 von 10 Menschen mit Mukoviszidose. Bisher sind insgesamt über 1000 verschiedene Mutationen des CFTR-Gens bekannt.

Da Mukoviszidose autosomal-rezessiv vererbt wird, tritt die Erkrankung nur dann auf, wenn der Merkmalsträger von beiden Elternteilen je ein mutiertes Gen erbt. Sind beide Elternteile Träger je eines mutierten und gesunden Genes, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind zwei intakte Genkopien erhält 25 %. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind mit einer intakten und einer mutierten Kopie zwar gesund ist, aber die Mutation weitervererben kann ist 50 % und die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind erkrankt, also von beiden Eltern die krankmachende Variante erbt, beträgt ebenfalls 25 %. Sind beide Eltern erkrankt, erben auch alle Kinder die Erkrankung.

Die Wissenschaft kann derzeit noch keine schlüssige Erklärung liefern, warum ein Allel, das eine so schwerwiegende Erkrankung hervorruft, so weit verbreitet ist (und nicht mit der Zeit verschwindet). Deswegen lag der Schluss nahe, dass mit einem CFTR-Defekt ein Selektionsvorteil bestehen müsste. Anfangs wurde vielerorts die Theorie vertreten, dass das heterozygote Vorliegen des defekten CFTR-Gens die Dichte der (funktionierenden) Chlorid-Kanäle im Darm verringere, was die Symptome der Cholera positiv beeinflussen sollte (bei dieser Durchfallserkrankung werden Chloridkanäle dauerhaft geöffnet, was zu massivem Wasserverlust führt). Dies konnte in verschiedenen Studien nicht sicher belegt werden. Auch spricht die Epidemiologie der CF gegen diese Theorie, denn das mutierte Gen ist ausgerechnet in jenen Populationen häufig, in denen die Cholera eher selten auftritt, und umgekehrt.

Auch eine Beziehung zum Typhus (Salmonella typhi) konnte nicht sicher hergestellt werden. Das Bakterium ist auf die CFTR-Kanäle angewiesen, um in die Darmzellen zu gelangen.

Eine Erklärung könnte der mit der Veranlagung für Mukoviszidose wahrscheinlich einhergehende Schutz vor Tuberkulose sein.

Epidemiologie

Die Mukoviszidose ist die häufigste angeborene Stoffwechselerkrankung hellhäutiger Menschen. Die Erkrankungsquote liegt bei etwa 1:2.500 Neugeborenen, in Schottland sogar bei 1:500. Bei Menschen afrikanischer Abstammung beträgt das Risiko etwa 1:17.000. Für Menschen asiatischer Abstammung ist es mit etwa 1:90.000 am unwahrscheinlichsten, mit der Erkrankung geboren zu werden.

Rund 8000 Menschen leben in Deutschland mit dieser bisher unheilbaren Erbkrankheit. Vier Prozent der deutschen Bevölkerung, also rund vier Millionen Menschen, sind gesunde Genträger, die diese Krankheit weitervererben können – meist ohne es zu wissen. Jedes Jahr kommen in Deutschland rund 300 Kinder mit Mukoviszidose auf die Welt.

Symptome

Durch den zähflüssigen Schleim in den Bronchien kommt es zu chronischem Husten, Bronchiektasien, häufig wiederkehrenden Lungeninfekten und schweren Lungenentzündungen. Das zähe Sekret kann vom Flimmerepithel der Lunge nur schwer abtransportiert werden. Daher stellt es einen guten Nährboden für Krankheitserreger wie Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus, Burkholderia cepacia und andere, meist gramnegative Keime dar. Häufig leiden Betroffene auch an Aspergillose. Folge der häufigen und langwierigen Lungeninfekte kann eine zunehmende Lungeninsuffizienz sein, die sich durch chronischen Sauerstoffmangel und Atemnot bemerkbar macht. Als Folge des chronischen Sauerstoffmangels finden sich bei der Mehrzahl der betroffenen Menschen Uhrglasnägel und Trommelschlegelfinger. Kinder fallen oft durch mangelnde Gewichtszunahme und Gedeihstörungen auf.

Im Darm kommt es bei Säuglingen in 10 % der Fälle zum Mekoniumileus, einer schweren Darmobstruktion durch den zähen ersten Faeces (Stuhl). Bei Älteren finden sich in 20 % Obstruktionssyndrome durch zähflüssige Darmsekrete. Hierbei kann es im Einzelfall zur Komplikation kommen, dem Mekonium-Ileus-Äquivalent. Auch die Funktion der Bauchspeicheldrüse ist gestört. Durch das fehlende Sekret entstehen chronische Durchfälle, Maldigestion, Mangelernährung und Verdauungsstörungen sowie Untergewicht. Ist auch die endokrine Funktion des Pankreas betroffen, kann es zum so genannten pankreatogenen Diabetes mellitus kommen. Durch Störung der Leber- und Gallenwegsfunktion neigen betroffene Erwachsene zu Leberzirrhose und Gallenstein. Durch Störung der Sekrete der Geschlechtsorgane besteht bei erkrankten Männern meist Unfruchtbarkeit durch Funktionsstörung der Samenleiter. Spermien werden jedoch normal gebildet. Bei Frauen ist durch zähflüssige Sekrete im Zervixkanal die Fruchtbarkeit vermindert.

Je nach Schwere der Mutation sind die Symptome der Erkrankung mehr oder weniger stark ausgeprägt. Hat der Patient verschiedene Defekte der CFTR-Gene beider Chromosome, kommt es nur zur Ausprägung der Symptome des geringeren Defekts. Menschen mit wenig beeinträchtigenden Mutationen haben häufig nur Bauchspeicheldrüsenprobleme, bei schwer wiegenden Mutationen können alle genannten Symptome auftreten.

Diagnostik

Ein Schnelltest ist der Pilocarpin-Iontophorese-Test. Bei diesem Schweißtest wird der Chloridgehalt gemessen. Sollte bei Säuglingen die Haut salzig schmecken oder sollten sich gar Salzkrusten bilden, ist der Test angezeigt. Ein geeignetes Mittel zur Früherkennung könnten Reihenuntersuchungen sein. In der DDR wurden zwischen 1976 und 1985 fast 1,8 Millionen Neugeborene untersucht, von denen später 408 eine Mukoviszidose aufwiesen, was einer Erkrankungshäufigkeit von 1:4.000 entspricht. Die Tests hatten jedoch nur bei 198 Kindern zuvor die Erkrankung angezeigt. Bei den anderen erkrankten Kindern war der Test falsch negativ. Heute ist ein Screening durch die Bestimmung von Trypsinogen im Blut (nur bei Neugeborenen) möglich. Dies ist jedoch noch keine Standarduntersuchung. Die transepitheliale Potentialdifferenz an der Nasen- und Trachealschleimhaut ist erhöht. Schon vorgeburtlich kann man mit gentechnischen Methoden das betroffene CFTR-Gen nachweisen. Dabei werden durch Fruchtwasseruntersuchungen Diagnosequoten von 95 % erreicht.

Therapie

Dank Krankengymnastik, Inhalationen und Medikamente, insbesondere durch ständig verbesserte Verdauungsenzyme und Antibiotika, die in den vergangenen Jahren auf den Markt gekommen sind, hat sich die Prognose der erkrankten Menschen in den letzten Jahren erheblich verbessert. Die Behandlung wirkt jedoch nicht ursächlich heilend, sondern nur symptomatisch.

Die Lebenserwartung für Menschen mit Mukoviszidose liegt heute bei etwa 25 Jahren. Für heute Neugeborene wird aufgrund der verbesserten Therapien bereits ein Wert von 45 bis 50 Jahren angegeben. Minimal Erkrankte haben eine normale Lebenserwartung und sind in der Lage, Kinder zu zeugen oder auszutragen. Jede Mukoviszidose hat einen individuellen Verlauf und die Therapie (v.a. die Medikamentation) muss demgemäß abgestimmt werden (z. B. Panzytratmenge s.u. oder Inhalate).

Da die Mukoviszidose ein Systemdefekt ist, der verschiedene Organe betrifft, muss jede Störung der einzelnen Organsysteme gesondert therapiert werden:

In erster Linie ist der Gewichtsverlust, der durch die exokrine Pankreasinsuffizienz bedingt ist, zu nennen. Die Therapie erfolgt durch die Gabe hochkalorischer Kost und die Verabreichung von Verdauungsenzymen. Dem Körpergewicht von Mukoviszidose-Patienten kommt eine große Bedeutung zu. Je länger ein normales oder ideales Gewicht gehalten und Untergewicht verhindert werden kann, um so günstiger wirkt sich dies auf die Lungenfunktion der betroffenen Menschen aus. Erkrankte mit starkem Untergewicht weisen bei den Kontrolluntersuchungen in der Regel schlechtere Lungenfunktionswerte auf als solche mit normalem Körpergewicht oder mit nur minimalem Untergewicht. Von dieser Regel gibt es selbstverständlich Ausnahmen. Zu beachten ist, dass die erschwerte Atmung (z. B. durch Obstruktion der Lunge) den Kalorienverbrauch abermals erhöht. Dieser Tatsache ist durch Erhöhung der Kalorienzufuhr Rechnung zu tragen.

Genauso wichtig ist die Gabe von Medikamenten zum Lösen des zähen Schleims in den Bronchien durch Inhalation und Durchführung der anschließenden Autogenen Drainage oder der Modifizierten Autogenen Drainage, beides speziell entwickelte Atemtherapien zum schonenden Abtransport des Sekretes aus der Lunge. Ferner ist die gezielte antibiotische Behandlung der häufigsten Erreger zu nennen sowie die Verabreichung von fettlöslichen Vitaminen. Der heute nur noch selten angewandten Klopfmassage kommt in den meisten Fällen nur eine untergeordnete Rolle zu, da diese Methode durch die effizientere Autogene Drainage weitgehend abgelöst wurde. Neben Medikamenten zur Inhalation, die den zähen Schleim lösen, kommen auch Inhalationsmedikamente zur Erweiterung der Bronchien zum Einsatz, ebenso Antibiotika oder Kortikosteroide, die ebenfalls inhalativ appliziert werden.

Die Lunge von Menschen mit Mukoviszidose wird häufig von immer wiederkehrenden Infekten heimgesucht, die das Lungengewebe dauerhaft schädigen. Insbesondere Problemkeime (z. B. Pseudomonas aeruginosa, Burkholderia cepacia oder resistente Keime) verursachen häufig schwere Lungenentzündungen bei Mukoviszidose. Eine große Bedeutung kommt daher der Bekämpfung dieser Keime zu. Die Lunge der meisten betroffenen Erwachsenen weist eine chronische Besiedelung mit dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa auf. Die chronische Besiedelung der Lunge mit Pseudomonas aeruginosa führt häufig zu einer Verschlechterung der Lungensituation.

Einige der genannten Bakterien, z. B. Pseudomonas aeruginosa, bilden zusammen mit dem zähen Schleim einen Biofilm in der Lunge der Erkrankten. Durch den zähen Schleim finden die Bakterien einen idealen Nährboden vor, wo sie sich regelrecht verschanzen. Antibiotika sind daher nur schwer zugänglich. Hier werden hochdosierte Antibiotika-Gaben meist intravenös und in dreimonatigen Abständen über eine Dauer von 14 Tagen verabreicht. Außerdem gibt es inzwischen Antibiotika auf dem Markt, die die Kommunikation der Bakterien untereinander stört. Die Bakterien sind nur dann in der Lage einen Biofilm aufzubauen, wenn sie untereinander kommunizieren können. An der Entwicklung weiterer Substanzen wird geforscht.

Bei zunehmender Lungeninsuffizienz wird der Atemluft dauerhaft Sauerstoff zugemischt (Sauerstoff-Langzeittherapie). Unter dem Markennamen Pulmozyme wird rekombinante humane DNAse (rhDNAse, Dornase alpha) als inhalatives Medikament zur Auflösung der im Schleim vorhandenen DNA-Filamente eingesetzt. Diese DNA-Filamente sind Überbleibsel von Neutrophilen Granulozyten. Neutrophile Granulozyten sind Zellen des Immunsystems, die in die Lunge einwandern, um dort angesiedelte Bakterien zu attackieren. Nach getaner Arbeit werden die Neutrophilen Granulozyten von wieder anderen Zellen des Immunsystems entsorgt, wobei besagte DNA-Filamente der Neutrophilen Granulozyten übrig bleiben. Diese DNA-Filamente tragen zusätzlich zur Zähigkeit des ohnehin schon zähen Schleims in der Lunge der Betroffenen bei. Durch die Gabe von Dornase alpha wird die Spinnbarkeit des Schleims herabgesetzt und die mukoziliäre Clearance verbessert.

Bei Sonderproblemen wie Diabetes mellitus oder der gestörten Produktion von Gallensäuren müssen auch diese Probleme medikamentös behandelt werden. Bei auftretendem Darmverschluss, dem sogenannten Mekonium-Ileus-Äquivalent, muss sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen in einer speziellen Ambulanz in einem Krankenhaus oder einer Uniklinik oder bei einem niedergelassenen Spezialisten gehören ebenso zur Therapie wie regelmäßiges Treiben von Sport (Laufen, Joggen, Radfahren, Tanzen o. ä.). Die für den Einzelnen jeweils günstigste Sportart, die nach dem Gesundheitszustand auszuwählen ist, sollte in jedem Fall mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden.

Neuere medikamentöse Ansätze zielen auf eine medikamentöse Verbesserung des durch den Gendefekt unwirksamen CFTR-Proteins (beispielsweise Gentamycin, Flavonoide). Hier werden teilweise auch Mittel, die der Komplementärmedizin entstammen, untersucht und kontrovers diskutiert (beispielsweise Curcumin). Andere Wirkstoffe sollen gezielt die Veränderung in der Ionenleitfähigkeit beeinflussen, indem alternative Chloridkanäle aktiviert werden (beispielsweise INS37217). Auch die direkte pharmakologische Beeinflussung des defekten CFTR-Kanals auf Protein-Ebene wird untersucht.

Organtransplantationen, besonders von Lunge, Leber und Pankreas, werden heute regelmäßig in Transplantations-Zentren durchgeführt und stellen für viele Menschen eine echte Alternative in der Behandlung der Mukoviszidose dar.

Literatur

  • Kallenbach, Kurt (Hrsg): Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Ausgewählte Krankheitsbilder und Behinderungsformen (ISBN 3-89166-208-4)
  • Köpp, Constanze: Frannys Weg. Willkommen im Himmel
  • Larisch, K.: Handbuch der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie
  • Rowe SM, Miller S, Sorscher EJ. Cystic fibrosis. N Engl J Med. 2005 May 12;352(19):1992-2001. PMID 15888700

Einzelnachweise

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