Augenheilkunde: Forscher entwickeln Alternativen zu Tierversuchen

13.08.2015 - Deutschland

Physiker und Biologen der Universität Leipzig forschen seit Kurzem an Alternativmethoden zu Tierversuchen in der Augenheilkunde. Ziel dieses neuen Forschungsprojektes, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, ist es, in den kommenden drei Jahren Langzeit-Kulturmethoden von adultem Augengewebe zu entwickeln und zu etablieren. "Die verwendeten Augengewebe werden nicht von Labortieren gewonnen, wie es bisher üblich war, sondern von Schlachthöfen geliefert, wo sie als Abfall anfallen", erklärt die Physikerin und Projektkoordinatorin Dr. Mareike Zink.

In Kooperation mit dem Physiker Prof. Dr. Stefan Mayr und dem Biologen Dr. Mike Francke wird ein neuartiger Ansatz verfolgt. Damit ist es möglich, Augengewebe außerhalb des Körpers über längere Zeit in seiner organotypischen Struktur zu kultivieren. Diese Methoden sollen dann als Ersatz für Versuche an lebenden Tieren zur Erforschung neurodegenerativer Augenerkrankungen, für Tests von Wirkstoffen, die Erprobung chirurgischer Techniken und zur Grundlagenforschung dienen.

Ein wichtiger Meilenstein soll die Entwicklung eines neuartigen Gewebe-Bioreaktors darstellen, mit dem das nahezu intakte Auge außerhalb des Körpers kultiviert werden kann, um daran Augenkrankheiten und Wirkstoffe zu erforschen. "Zum Ende des Projekts wird es möglich sein, in verschiedenen Bereichen der Augenmedizinischen Forschung Tierversuche durch Untersuchungen an Gewebe von Schlachttieren zu ersetzen", erläutert Zink. In jedem Fall könnten vielfältige Studien, die bisher an lebenden Tieren durchgeführt wurden, durch sogenannte In-vitro-Studien ersetzen werden, die außerhalb lebendiger Organismen stattfinden, wie etwa in Gewebekulturen. "Dabei spielen vor allem neuartige Testaufbauten eine wichtige Rolle, mit denen die biomechanischen Eigenschaften von Augengewebe studiert werden sollen. Insbesondere Veränderungen der Netzhautmechanik spielen eine wichtige Rolle bei degenerativen Augenerkrankungen", sagt die Physikerin.

"Komplexe Untersuchungen sind derzeit mit den etablierten Kultivierungsverfahren in vielen Bereichen unmöglich, da Gewebe wie eine Netzhaut nur sehr kurze Zeit außerhalb des Organismus erhalten werden kann. Zum einen ist die Versorgung mit Nährstoffen und Gas wie Sauerstoff schwierig, zum anderen reagieren verschiedene Zellen in der Netzhaut auf die Kulturbedingungen, wobei deren Struktur zerstört wird", erläutert Dr. Francke, der seit Jahren Augenerkrankungen erforscht. Diese Probleme könnten durch den zu entwickelnden Bioreaktor weitgehend überwunden werden. Sowohl der Bioreaktor, als auch die Erforschung der biomechanischen Eigenschaften des Augengewebes in diesem Projekt basieren auf dem Einsatz spezieller nanostrukturierter Substrate. Diese von der Arbeitsgruppe von Prof. Mayr entwickelten Materialien zeigen einzigartige Eigenschaften, die es erstmals ermöglichen komplexes adultes Gewebe wie das der Retina über mindestens zwei Wochen in vitro zu erhalten und mechanisch zu stimulieren.

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