Bundestag entscheidet über Stammzellen-Forschung

30.01.2002
Berlin (dpa) - Der Bundestag entscheidet heute (Mittwoch) nach fast zweijähriger Debatte von Politikern, Wissenschaftlern und Kirchen über die Forschung mit embryonalen Stammzellen des Menschen. Dem Parlament in Berlin liegen drei Anträge vor, über die eine als historisch angesehene Entscheidung zu treffen ist: ein forschungsfreundlicher Antrag für einen unbeschränkten Stammzellen- Import, ein Antrag für die Einführung unter strengen Auflagen sowie ein Antrag gegen den Import der Zellen. Weil der Streit mit großem Ernst über alle Parteigrenzen hinweg geführt wurde, haben die Fraktionsspitzen ihren Abgeordneten das Abstimmungsverhalten freigestellt. Der Ausgang der für 13.00 Uhr angesetzten, voraussichtlich etwa vierstündigen Debatte gilt als völlig offen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warb gestern (Dienstag) vor der SPD-Fraktion für einem Stammzellen-Import unter strengen Auflagen. Der Kanzler sagte nach Angaben von Teilnehmern der Fraktionssitzung, der unter Federführung von Margot von Renesse (SPD), Maria Böhmer (CDU) und Andrea Fischer (Grüne) entstandene Antrag bewahre die Chancen auf Einflussnahme. Schröder appellierte an die Importgegner, sich in dieser Frage noch zu bewegen. Der Antrag der uneingeschränkten Befürworter ist nach Ansicht des Mitautoren und ehemaligen CDU-Generalsekretärs Peter Hintze ein «klares Ja zum Import embryonaler Stammzellen» und zu einer «Basisinnovation dieses Jahrhunderts». Die FDP rückte kurz vor der Entscheidung im Bundestag noch von ihrer Forderung ab, im Embryonenschutzgesetz sofort die Herstellung eigener Stammzelllinien in Deutschland zu erlauben. Dies soll jetzt erst dann erfolgen, wenn eine eigene Herstellung zur Absicherung der Forschung notwendig wird. Für eine eigene Stammzellenproduktion in Deutschland sprach sich das Mitglied des Nationalen Ethikrates bei der Bundesregierung, Richard Schröder (SPD), aus. Wenn die Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen für vertretbar gehalten werde, müsse dies auch für ihre Herstellung gelten, sagte Schröder der Chemnitzer «Freien Presse» (Mittwoch). Auf eine Sonderrolle - Stammzellen-Import ja, eigene Herstellung nein - könne Deutschland ohnehin nicht lange bestehen, dies sei «doppelzüngig». Für den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Manfred Kock, geht es in der Debatte um die «Grundfrage unseres Menschenbildes» und darum, «was man mit menschlichem Leben machen darf». Die Heilungsversprechen von Stammzellforschern bezeichnete Importgegner Kock als unseriös.

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