Herzschwäche durch defekte Blutgefäß-Innenwände

Forscher am Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen entdecken erstmals defekte Zellverankerung als Ursache der dilatativen Kardiomyopathie

26.07.2007
Auch Defekte an Eiweißen für die Verankerung von Körperzellen in ihrer Umgebung können zu "Herzschwäche mit krankhafter Erweiterung des Herzmuskels" (dilatative Kardiomyopathie) führen. Besonders wichtig sind dabei offenbar die Endothelzellen, die die Blutgefäße von innen auskleiden. Das beschreiben jetzt erstmals Wissenschaftler aus der Forschergruppe "Kardiovaskuläre Molekulargenetik" unter Leitung von Prof. Dr. Ralph Knöll, Herzzentrum der Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität. Die mangelnde Zell-Verankerung und Zell-Kommunikation durch Defekte am Integrin-System führt zum Abbau der Endothelzellen. Bisher bekannte genetische Ursachen der häufigsten Form der Herzschwäche waren ausschließlich Defekte innerhalb der Herzmuskelzellen, den "Kraftmaschinen" des Herzens. Etwa ein Drittel aller Fälle von dilatativer Herzschwäche ist erblich bedingt. Bisher gefundene Gendefekte betreffen Strukturen innerhalb der Herzmuskel-Zellen selbst. Die Göttinger Herzforscher haben nun erstmals Defekte in den Eiweißen Laminin-alpha-4 (LAMA4) und Integrin-Linked-Kinase (ILK) in Zusammenhang mit der Herzschwäche gebracht. Beide Eiweiße sind an der Zell-Zell-Kommunikation und der Verankerung von Zellen in ihrer Umgebung beteiligt. Defekte in LAMA4 und ILK führen zum Untergang von Endothelzellen unter anderem im Herzen. "Die Defekte wirken sich offenbar vor allem auf das Herz aus", erklärt Professor Knöll, Leiter der Forschergruppe Kardiovaskuläre Mole-kulargenetik: "Man kann sich das so vorstellen: Eine Herzmuskelzelle kann sich anstrengen, wie sie will. Wenn sie nicht richtig in ihre Umgebung eingebettet ist, kann ihre Kraft unmöglich in koordinierte Pumpleistung münden." Der Verdacht, dass Schäden an den Innenwänden der Blutgefäße Mitverursacher der dilatativen Herzmuskelschwäche sein könnten, kam Professor Knöll auf einem Kongress. Dort stellte Prof. Dr. Jeroen Bakkers aus Utrecht, Niederlande, mutierte Zebrafische vor, deren Haut sich wie Bläschen vom Körper ablöste. "Im Vortrag zeigte Bakkers außerdem, dass sich bei den Tieren die innere Schicht der Blutgefäße, das Endothel, ablöst. Die Bilder erinnerten mich an Abbildungen aus den Blutgefäßen verstorbener Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie. Ich dachte: Gibt es da vielleicht einen Zusammenhang?" Als Ursache der Hautbläschen und Herzprobleme der kleinen Fische fand sich ein schwerer Defekt im Gen für die Integrin-Iinked Kinase (ILK). In Göttingen untersuchte Professor Knöll mit seinem Team Blutproben von Patienten mit schwerer dilatativer Kardiomyopathie nach Defekten im ILK-Gen und einem funktionell verwandten Gen namens Laminin-alpha-4 (LAMA4). "Wir fanden zwei Mutationen in LAMA4 und eine im in ILK. Funktionelle Untersuchungen zeigen, dass diese Mutationen tatsächlich zum Untergang von Endothelzellen und damit zu Herzschwäche führen können", so Professor Knöll.

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