Entdeckung eines natürlichen HIV-Hemmstoffs könnte zu einer neuen Klasse von AIDS-Medikamenten führen
Das Forscherteam zeigt in dieser Studie, dass ein natürlich vorkommendes 20 Aminosäurereste umfassendes Fragment eines in großen Mengen im Blut zirkulierenden Eiweißes (alpha-1-Antitrypsin) den Eintritt von HIV-1 in die Wirtszelle blockiert. Weiterhin fanden sie, dass einige wenige Aminosäureaustausche in der Sequenz dieses Peptides, als VIRIP (VIRus-Inhibitorisches-Peptid) bezeichnet, die Wirksamkeit gegen HIV-1 um etwa das 100-fache steigern. Aufgrund des neuartigen Wirkmechanismus blockieren VIRIP und seine Derivate auch HIV-1 Varianten, die gegen andere Hemmstoffe resistent sind. "Die ist ein großer Vorteil und macht VIRIP sehr interessant für die klinische Weiterentwicklung", sagt der Seniorautor der Studie Prof. Frank Kirchhoff vom Universitätsklinikum Ulm.
Die Strategie der Forschergruppe zur Endeckung neuer Hemmstoffe basierte auf früheren Beobachtungen, die zeigten, dass im menschlichen Blut eine Vielzahl von Verbindungen vorhanden sind, welche die Vermehrung von HIV-1 beeinflussen können. Prof. Wolf-Georg Forssmann und seine Mitarbeiter aus Hannover haben sich darauf spezialisiert, aus tausenden Litern Hämofiltrat, welches bei der Blutdialyse von Patienten mit Nierenversagen in sehr großen Mengen anfällt, bioaktive Peptide zu isolieren. Die Untersuchung einer solchen "Peptidbank", die etwa 300 Fraktionen und mehr als 1 Million unterschiedliche Peptide enthält, zeigte, dass eine Fraktion HIV-1 blockiert, ohne die Wirtszellen zu schädigen.
Weitere Untersuchungen führten dann zur Identifizierung von VIRIP als aktive Komponente. Anschließend wurden mehr als 600 synthetische Varianten von VIRIP getestet und einige Formen identifiziert, welche die HIV-1 Infektion etwa 100-fach besser blockieren als das ursprüngliche Peptid. Es gelang Herrn Prof. Münch herauszufinden, dass VIRIP das Virus durch einen neuartigen Mechanismus blockiert und an eine hoch konservierte Region im viralen Hüllprotein bindet, die als Fusionspeptid bezeichnet wird. Dieses wird beim Infektionsvorgang in der Zellmembran verankert und vermittelt dadurch den ersten direkten Kontakt zwischen Viruspartikel und Wirtszelle. VIRIP verhindert somit die Verschmelzung des Virus mit der Zielzelle und blockiert dadurch die HIV Infektion.
Da das Fusionspeptid im Vergleich zu anderen viralen Domänen Veränderungen kaum toleriert ist, sollte die Entwicklung von Resistenzen gegen VIRIP und seinen Derivate erschwert sein. Aufgrund der breiten antiretroviralen Aktivität und des neuartigen Wirkmechanismus könnte die klinische Weiterentwicklung dieses neu entdeckten Hemmstoffs die Therapieoptionen gegen HIV/AIDS verbessern.
Meistgelesene News
Organisationen
Weitere News aus dem Ressort Wissenschaft
Holen Sie sich die Life-Science-Branche in Ihren Posteingang
Ab sofort nichts mehr verpassen: Unser Newsletter für Biotechnologie, Pharma und Life Sciences bringt Sie jeden Dienstag und Donnerstag auf den neuesten Stand. Aktuelle Branchen-News, Produkt-Highlights und Innovationen - kompakt und verständlich in Ihrem Posteingang. Von uns recherchiert, damit Sie es nicht tun müssen.