Bei welchen Patienten mit Multipler Sklerose ist Interferon wirksam?

Vorhersage durch einfachen Bluttest

17.07.2003
Zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) stehen den Ärzten heute vor allem drei Wirkstoffe zur Verfügung (Interferon beta, Glatiramer-acetat und Mitoxantron). Leider bleiben verordnete Präparate bei einem Großteil der Patienten wirkungslos. Das ist wahrscheinlich auf die erhebliche Variabilität der Erkrankung zurückzuführen, die eine einheitliche Therapie für alle ausschließt. Ob ein Medikament wirksam sein wird oder nicht, kann der Arzt bisher nicht im Voraus wissen. Einen Patienten mit den teuren und nicht nebenwirkungsarmen Medikamenten zu behandeln, ohne dass er einen Nutzen davon hat, verursacht beim Patienten Frustration und den Krankenkassen hohe überflüssige Kosten. Jetzt hat die Arbeitsgruppe um Frau Professor Frauke Zipp vom "Institut für Neuroimmunologie" der Charité eine Substanz im Blut identifiziert, die als Marker eine Vorhersage von Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der am häufigsten verwendeten Substanz "Interferon beta"verspricht. Aus dem Marker kann ein Labortest entwickelt werden. Interferon beta hat immunmodulierende Eigenschaften. Unter anderem reguliert es das Gen für das Protein TRAIL (Tumor-Nekrosis Factor -related Apoptosis-inducing Ligand) von dem vielerlei Funktionen bereits bekannt sind. Für MS-Patienten ist bedeutsam, dass TRAIL anti-entzündlich wirken kann, weil es bestimmte Abwehrzellen (T-Lymphozyten) hemmt, die bei Multipler Sklerose die Nervenzellen angreifen. Im Blut gelöstes TRAIL könnte also eine Art Schutzfaktor bei MS sein. Wird TRAIL gehemmt oder ganz ausgeschaltet, verläuft die Krankheit sehr viel ungünstiger. Dies konnte im Tierversuch mit Mäusen gezeigt werden, die an einer der MS vergleichbaren Mäusekrankheit leiden. Die Arbeitsgruppe von Frau Professor Zipp fand nun, daß viele MS-Patienten während des Krankheitsverlaufs in ihren Blutzellen vermehrt den Schutzfaktor TRAIL bilden. Genau diese Patienten sind geeignete Kandidaten für eine Behandlung mit Interferon beta, denn unter der Gabe dieser Substanz erhöht sich die Konzentration von TRAIL bei ihnen schnell und bleibt auch hoch. Patienten die Antikörper gegen Interferon beta entwickeln (und das sind leider nicht wenige) reagieren, wie Dr. Klaus-Peter Wandinger aus der Forschergruppe zeigen konnte, zwar anfangs auch mit vermehrter Freisetzung von TRAIL, aber dieser Prozeß wird bald gestoppt. Fazit: Vor einem Behandlungsversuch mit Interferon beta sollte die Konzentration von TRAIL im Blut der Patienten in Spaziallabors gemessen werden. Ist sie hoch, so kann mit einer wirksamen Behandlung im ersten Jahr der Therapie gerechnet werden. Ist sie gering, so wird der Patient von der Behandlung mit Interferon beta höchstwahrscheinlich nicht profitieren.

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