Neuer Ansatz zur Verhinderung von Herzinfarkten identifiziert
Internationaler Forschungsverbund findet neue Zielmoleküle für die Arzneimittelforschung
Erdmann
Die Studie wurde von Prof. Jeanette Erdmann und Dr. Christina Willenborg vom Institut für Integrative und Experimentelle Genomik sowie Prof. Inke R. König und Dr. Paola G. Ferrario vom Institut für Medizinische Biometrie und Statistik an der Universität zu Lübeck maßgeblich geleitet. Die vorliegende Studie zeigt beeindruckend, dass durch die Analyse genetischer Daten neue Zielmoleküle für die Arzneimittelforschung identifiziert werden können.
Im Zentrum der Studie steht die Lipoproteinlipase - ein Enzym, welches den Abbau von Triglyzeriden im Blut bewirkt. Triglyzeride werden zunehmend als Risikofaktor für einen Herzinfarkt gesehen. Es konnten nun zwei Genvarianten gefunden werden, die die Aktivität der Lipoproteinlipase entweder steigern oder senken, entsprechend wurde das Herzinfarktrisiko gesenkt oder erhöht. Die Lipoproteinlipase, kurz auch als LPL bezeichnet, wird zudem durch weitere Gene, aber auch durch Diät und den Lebensstil reguliert. Schlussfolgernd zeigen nun die vorliegenden Daten, dass Varianten die zum Funktionsverlust führen in Genen, die die Lipoproteinlipase normalerweise bremsen - somit LPL eher aktivieren - das Herzinfarktrisiko nachhaltig senken können.
„So konnten wir im Gen, das für Angiopoietin-like 4 oder kurz ANGPTL4 kodiert, inaktivierende Varianten identifizieren, die vor einem Herzinfarkt schützen. Tatsächlich bremst ANGPTL4 unter normalen Bedingungen die Lipoproteinlipase; inaktivierende Varianten im ANGPTL4 Gen verhindern dies und führen zu einem geringerem Gehalt an Triglyzeriden im Blut, dies wirkt sich positiv auf das Herzinfarktrisiko aus“, erläutert Professorin Jeanette Erdmann, Direktorin des Institutes für Integrative und Experimentelle Genomik an der Universität zu Lübeck.
„Obwohl die von uns gefundenen schützenden Varianten im ANGPTL4 Gen selten sind, zeigen sie uns aber ein mögliches Angriffsziel für neue Arzneimittel“ erläutert Prof. Inke König vom Institut für Medizinische Biometrie und Statistik.
„Jetzt gilt es Medikamente zu entwickeln, die die Effekte der Mutationen nachahmen“, blickt Prof. Heribert Schunkert, Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums München und vormals Professor an der Universität zu Lübeck, in die Zukunft. In der Tat wird in der gleichen Ausgabe des New England Journal of Medicine eine solche Studie vorgestellt. So sanken bei Affen, die einen neutralisierenden Antikörper gegen ANGPTL4 bekamen, die Blutfette drastisch ab.
Originalveröffentlichung
The Myocardial Infarction Genetics and CARDIoGRAM Exome Consortia Investigators. Coding Variation in ANGPTL4, LPL, and SVEP1 and Risk of Coronary Disease. New England Journal of Medicine 2016; published online first March 02, 2016
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