Ansätze für Medikamente gegen Alzheimer, Huntington, Parkinson

Aus den USA zurück an die RUB: Dr. Simon Ebbinghaus erhält NRW-Rückkehrerstipendium

08.12.2010 - Deutschland

Aus den USA kehrt der Biochemiker Dr. Simon Ebbinghaus zurück an seine "alte" Uni in Bochum. Als Stipendiat im Rückkehrerprogramm des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen baut er am Lehrstuhl für Physikalische Chemie II (Prof. Dr. Martina Havenith-Newen) eine eigene Arbeitsgruppe auf. Die Förderung beträgt bis zu 1,25 Mio. Euro für fünf Jahre. Im Mittelpunkt seiner Forschung stehen die falsche Faltung von Proteinen und ihre Verklumpung (Aggregation) in Zellen. Diese Mechanismen, die Erkrankungen wie Alzheimer, Huntington oder Parkinson zugrunde liegen, untersucht Dr. Ebbinghaus am Modellsystem Huntingtin. Die Ergebnisse könnten einen neuen Ansatzpunkt für Medikamente gegen neurodegenerative Erkrankungen liefern.

Unnatürliche Bedingungen im Experiment

Normalerweise werden Struktur, Dynamik und Funktionsweise von Biomolekülen in Experimenten außerhalb der Zelle untersucht. Die Moleküle befinden sich dann in Kristallen oder verdünnten Pufferlösungen. Diese Bedingungen sind aber sehr anders als die in der Zelle: Dort sind die Moleküle sehr dicht gepackt, was auch Einfluss auf ihre Funktion haben kann. "Um sie vollständig zu verstehen, muss man sie sich also in ihrer natürlich Umgebung, also in der Zelle ansehen", erklärt Dr. Ebbinghaus.

Patent angemeldet: Beobachtungen in der Zelle möglich

Er hat mit einer Arbeitsgruppe an der University of Illinois (Urbana-Champaign, USA) eine Methode entwickelt und zum Patent angemeldet, die das ermöglicht. Mit einer Kombination aus Mikroskopie und schnellem Temperatursprung konnten die Forscher die Stabilität und Faltung von Proteinen in lebenden Zellen mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung verfolgen. "Wir konnten zeigen, dass sich die Struktur des Enzyms Phosphoglyceratkinase in der Zelle deutlich von der Kristallstruktur unterscheidet", erläutert er. "Zum Beispiel ist in der Zelle eine wiederholte gelenkartige Bewegung des Enzyms für die Herstellung des ‚Zellkraftstoffs' ATP, die im Kristall beobachtet wurde, gar nicht nötig: Unter zellulären Bedingungen befinden sich beide daran beteiligten Enzymbereiche bereits in unmittelbarer Nähe zueinander und die Synthese ist 20mal schneller als ursprünglich angenommen." Auch Faltung und Stabilität des Enzyms in der Zelle sind im Vergleich zu verdünnten Pufferlösungen grundlegend verschieden: In der Zelle ist die Faltungsgeschwindigkeit verringert, die Stabilität erhöht. "Unsere Entwicklung ermöglicht es, die Einflüsse der dicht gepackten Zellumgebung auf die Proteinstruktur und -dynamik genau zu ermitteln", so Dr. Ebbinghaus.

Technik verfeinern, Prozesse verstehen

Als Nachwuchsgruppenleiter im Rückkehrerprogramm entwickelt er diese Technik an der Ruhr-Universität weiter, um frühe Phasen der Proteinfehlfaltung und -aggregation in der Zelle zu verstehen. Sie verursachen neurodegenerative Erkrankungen wie Huntington, Parkinson oder Alzheimer. Die Nachwuchsgruppe untersucht, inwieweit Unterschiede innerhalb einer Zelle, einer Zellpopulation und in einem Organismus die Selbstregulation von Proteinen beeinflussen. Außerdem untersuchen die Forscher, wie die Zelle die schädliche Verklumpung von Proteinen durch bestimmte Helferproteine (sog. Chaperone) verhindern kann.

Medikamentenwirkung untersuchen

Im Mittelpunkt der Studien stehen die Stabilität, Fehlfaltung und Aggregation des Proteins Huntingtin, das die Huntington'sche Krankheit verursacht. "Wir nehmen an, dass für das Verständnis der krankheitsverursachenden Fehlfaltung die zelluläre Umgebung von entscheidender Bedeutung ist: Der krankmachende Zusammenfall des Proteins zu einer ‚klumpenden', kompakten Struktur könnte in sehr dicht gepackten zellulären Umgebungen begünstigt sein." Die Forscher wollen auch den Einfluss potentieller Medikamente auf frühe Phasen zellulärer Aggregation untersuchen.

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