Studien: «T20» ist ein wirksames neues Mittel gegen Aids
Tagungspräsident José Gatell hatte entsprechende Ergebnisse bereits zuvor als «aussagekräftig» und «interessant» bezeichnet. Weltweit arbeiten viele Firmen und Institute an diesen so genannten Fusions-Hemmern. Solche Moleküle sollen verhindern, dass die tödlichen Viren mit den Immunzellen des Menschen verschmelzen und sie dann vernichten. «T20» gilt in diesem Zusammenhang als das am weitesten entwickelte Molekül. Die bisher am Markt vertretenen drei Klassen von Aidsmedikamenten behindern die Vermehrung der Viren erst, nachdem sie bereits in die Immunzellen gelangt sind.
Trimeris und Roche stellten erstmals Ergebnisse zweier klinischer Studien vor, die Auskunft über die medizinische Wirksamkeit von «T20» zeigen (Phase III-Studie). Eines der Ergebnisse: Bei der Einnahme von «T20» verdoppelt sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Viren im Blut der Aids-Patienten nach drei Monaten nicht mehr nachweisen lassen. Die Viren können jedoch in Abwehrzellen, dem Gehirn oder im Geschlechtstrakt lange Zeit überdauern. Bei den Studien sei zudem die Zahl der Immunzellen im Blut deutlich gestiegen, erklärten die beteiligten Forscher. Angaben zu den Kosten einer möglichen Therapie machten die Unternehmen nicht. Mit einer Zulassung des Präparates in den USA und Europa rechnen sie zu Beginn des nächsten Jahres.
Aus Kritik an der Geschäftspolitik des Pharmakonzerns Roche besetzten Mitglieder der unabhängigen Gruppe «Act up» (Paris/New York) vorübergehend den Stand des Unternehmens auf der Aidskonferenz. Die Gegner werfen Roche vor, bedürftigen Aids-Kranken in den armen Ländern das neue Medikament vorzuenthalten. Roche und Trimeris hatten ausdrücklich erklärt, «T20» nicht in den Entwicklungsländern vermarkten zu wollen. Die Mitarbeiter von Roche zogen sich nach der Aktion zurück und waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Verletzt wurde nach Angaben des Sicherheitspersonals niemand.
Unterdessen hat Peter Piot, Chef des Aids-Bekämpfungsprogramms der Vereinten Nationen (UNAIDS), seine Kritik an der Zahlungsmoral der reichen Ländern erneuert. Die G8-Staaten gäben zu wenig Geld, um der Epidemie etwas entgegenzusetzen. In diesem Zusammenhang nannte Piot besonders Deutschland und Frankreich als schlechte Beispiele. UNAIDS- Experten haben berechnet, dass sich die Aids-Epidemie mit einem jährlichen Aufwand von zehn Milliarden Dollar (zehn Milliarden Euro) zumindest stoppen ließe. Zurzeit stehen aber nur knapp drei Milliarden Dollar zur Verfügung. Sowohl die Vereinten Nationen als auch die zahlreichen Nicht-Regierungsorganisationen diskutieren in Barcelona daher unablässig die Frage, wie das nötige Geld aufgebracht werden kann.
Am ersten Tag der bislang weltgrößten Aidskonferenz lenkten die Vereinten Nationen den Blick der Teilnehmer außerdem auf die Länder Asiens: Dort werde die Zukunft der globalen Aids-Epidemie entschieden. Sollten die asiatischen Länder weiterhin die gleichen Fehler machen wie die Regierungen in Afrika, könnte es in den bevölkerungsreichen Ländern Asiens noch mehr Tote geben als bislang in Afrika.
«Diese Möglichkeit ist leider sogar sehr wahrscheinlich», sagte Hakan Bjorkman vom Entwicklungsprogramm UNDP der Vereinten Nationen. Nach Afrika lebt in Asien mit 6,6 Millionen Menschen die zweitgrößte Gruppe HIV-infizierter Menschen. Das Virus verbreitet sich dort mit Besorgnis erregender Geschwindigkeit. In den von Aids besonders betroffenen Ländern werden Roche und Trimeris ihren neuen Wirkstoff nach eigenem Bekunden nicht anbieten.
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