Das Dilemma zwischen Publikation und Patentschutz

EU veröffentlicht Studie zu Patentschutz in der Forschung

01.03.2002
Die Europäische Kommission hat eine Untersuchung über die Folgen eines Dilemmas veröffentlicht, in dem Wissenschaftler sich befinden, die ihre Forschungsergebnisse möglichst rasch veröffentlichen und gleichzeitig mit sofortiger Wirkung bis zur Patentierung schützen möchten. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass der Hochschulsektor eine solche ?Schonfrist" befürwortet, während die Industrie sie ablehnt und KMU diesbezüglich geteilter Meinung sind. Das wichtigste Ergebnis der Untersuchung ist die Erkenntnis, dass öffentliche Forschungseinrichtungen Patentanmeldungen nahezu ebenso professionell handhaben können wie Industrieorganisationen, und zwar ohne die wissenschaftliche Veröffentlichung der Ergebnisse nennenswert zu verzögern. Dagegen sind Wissenschaftler, die das Patentsystem nicht genutzt haben, der Auffassung, die Patentierung verzögere die Veröffentlichung ihrer Erkenntnisse erheblich. Daneben liefert die Untersuchung Belege dafür, dass der akademische Sektor und KMU ein wirksames und erschwingliches gemeinschaftliches Patentsystem benötigen, wie es von der Kommission vorgeschlagen wurde (s. IP/00/714 und MEMO/00/41). Die künftige Strategie für den Biotechnologiesektor ist ein wichtiger Tagesordnungspunkt der Tagung des Europäischen Rates in Barcelona im März 2002. Der für Forschung zuständige Kommissar Philippe Busquin bemerkte hierzu: "Es ist offensichtlich, dass kleine und innovative Gesellschaften sowie Nachwuchswissenschaftler europäischen Patentschutz brauchen. Das gilt insbesondere für die rasch evoluierenden Sektoren wie die Biotechnologie, auf denen Europa gute Chancen hat, weltweit eine wichtige Rolle zu übernehmen und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Kommission hat in ihrem Strategieplan für die Biowissenschaften(1) deutlich gemacht, dass beim Patentschutz in den Industrieländern einheitliche Bedingungen herrschen müssen." Frits Bolkestein, Kommissar für Binnenmarktsfragen, fügte hinzu, dass diese Untersuchung erneut die Notwendigkeit eines preiswerten, rasch verfügbaren und europaweit geltenden Patentschutzes zeige. Deshalb müsse der Vorschlag der Kommission für ein Gemeinschaftspatent dringend angenommen werden. Die Untersuchung über die Patentierungs- und Veröffentlichungspraxis der Wissenschaftler, Industrie- und Hochschuleinrichtungen in der EU, die sich mit der Forschung im Bereich Bio- und Gentechnologie befassen, erfolgte u.a. aufgrund der Verpflichtungen zur Berichterstattung nach Richtlinie 98/44/EG über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen. Dabei wurde sondiert, inwiefern bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen über patentierbare Gegenstände der Gentechnologieforschung Fristen eingehalten werden können und welche politischen Maßnahmen zur Verhinderung negativer Auswirkungen gegebenenfalls in Frage kommen. Forschungsinstitute, Universitäten und kleine Biotechnologiefirmen, die einen wesentlichen Beitrag zur Innovation in den Biowissenschaften leisten, sind häufig im Zwiespalt zwischen der raschen Weitergabe von Forschungsergebnissen an die Forschungsgemeinschaft und/oder Investoren und der Notwendigkeit, Patentschutz zu beantragen. Diese einander entgegen stehenden Prioritäten können die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen verzögern, die rasche Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse behindern und so den Fortschritt aufhalten. Das Patentsystem fördert hingegen die Veröffentlichung von Ergebnissen, die andernfalls geheim gehalten würden; das gilt insbesondere für Erfindungen im industriellen Bereich. Die Untersuchung zeigt, dass die Forscher an Hochschulen über das Patentsystem unterrichtet und bei dessen zweckmäßiger Nutzung unterstützt werden müssen. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass ?eine Definition und Harmonisierung des Konzepts der "Neuheitsschonfrist" angestrebt werden sollte." Angesichts der bedeutenden Ausweitung der internationalen Forschungszusammenarbeit und des Technologietransfers ist die internationale Harmonisierung der Schonfrist eine wichtige forschungs- und technologiepolitische Frage. Hintergrund In den letzten zehn Jahren hat sich in den OECD-Staaten die Zahl der Veröffentlichungen im Biotechnologiesektor mehr als verdoppelt. Gleichzeitig stieg in diesem Sektor die Anzahl der Patentanmeldungen beim United States Patent and Trademark Office und beim Europäischen Patentamt jährlich um durchschnittlich 13-15%, während die Gesamtwachstumsraten bei nur ca. 5% lagen. Der Bericht kann unter folgender Webadresse abgerufen werden: http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/ (1) Biowissenschaften und Biotechnologie: Eine Strategie für Europa. http://europa.eu.int/comm/biotechnology/pdf/policypaper_de.pdf

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