An der Freien Universität wird Medikations-Management ins Pharmaziestudium integriert

Ergebnisse einer vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Studie zur Patientensicherheit

01.11.2016 - Deutschland

Die Pharmazie an der Freien Universität Berlin integriert als erstes Institut bundesweit den Bereich Medikations-Management in die Ausbildung ihrer Pharmaziestudierenden. Ziel ist es, theoretisch erworbenes Wissen schon während des Studiums praktisch umzusetzen. Dazu gehören das Training von professionellen Beratungsgesprächen mit Patienten in einer Apotheke sowie von pharmazeutischen Dienstleistungen, die in Apotheken angeboten werden. Die Erweiterung des Studiengangs um den praktischen Lehraspekt ist eine Reaktion auf die steigende Lebenserwartung, die damit steigende Anzahl an Erkrankungen und die entstehenden Probleme durch Polymedikation. In dem Zusammenhang wurden Studien des Instituts für Pharmazie und der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) auch durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert. Ergebnisse der Studien sind in die Umsetzung des im Januar 2016 in Kraft getretenen E-Health-Gesetzes eingeflossen, das unter anderem seit dem 1. Oktober Versicherten, die dauerhaft mindestens drei Arzneimittel verordnet bekommen, einen Anspruch auf einen Medikationsplan sichert (§ 31a SGB V).

Bernd Wannenmacher

Am Modell können Studierende üben, wie Diabetiker einen Insulin-Pen anwenden.

Zu dem neu eröffneten Medikations-Management-Center am Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin, durch das die praxisnahe Ausbildung von Pharmaziestudierenden gestärkt wird, gehört auch eine Modell-Apotheke: In realitätsnaher Kulisse und anhand realer, anonymisierter Fälle erlernen Studentinnen und Studenten nicht nur Lösungsansätze zu entwickeln, sondern auch wie man diese in der Patientenbetreuung umsetzt: etwa wie man Patienten berät, ihnen die Wirkung und Wechselwirkung bestimmter Arzneimittel sowie die Dosierung laiengerecht erläutert. Außerdem lernen sie, einen Medikationsplan, auf dem alle verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel des Patienten dokumentiert sind, zu erstellen, ihn auf Arzneimitteltherapiesicherheitsrisiken zu prüfen und aktuell zu halten. Die Studierenden trainieren darüber hinaus weitere pharmazeutische Dienstleistungen, wie etwa Blutdruckmessen, die Beratung bei der Handhabung von Asthmasprays oder die subkutane Injektion, beispielsweise für die Insulingabe bei Diabetikern mit einem Placebo-Pen.

Seit dem 1. Oktober 2016 haben Patienten, die mindestens drei verordnete Arzneimittel anwenden, Anspruch auf die Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplans, zunächst in Papierform. Das legt das sogenannte E-Health-Gesetz im neuen Paragrafen 31a des SGB V fest. Eine Studie, die das Institut für Pharmazie und die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker im Jahr 2015 durchgeführt haben, hatte ergeben, dass viele, meist ältere Menschen, die mehrere Medikamente regelmäßig nehmen müssen, auch mit der Verständlichkeit des bundesweit einheitlichen Medikationsplans Probleme haben. Dies kann zur unsachgemäßen Einnahme ihrer Medikamente und damit zu vermeidbaren Risiken führen. Die Studie hatte ergeben, dass weniger als die Hälfte der Patienten in der Lage waren, eine sogenannte Dosette, in der die täglich einzunehmenden Medikamente sortiert und für eine Woche aufbewahrt werden, nach einem vorgegebenem Medikationsplan korrekt zu befüllen. Dieses Ergebnis zeigt, dass ein signifikanter Anteil der Patienten mit Polymedikation neben einem aktuellen und vollständigen Medikationsplan einer zusätzlichen intensivierten heilberuflichen Betreuung bedarf.

Angaben des BMG zufolge gehen etwa fünf Prozent aller Krankenhauseinweisungen auf Nebenwirkungen von Arzneimitteln zurück, ein Viertel davon könnte vermieden werden. Das heißt, dass etwa rund 250.000 Krankenhauseinweisungen jährlich auf vermeidbare Medikationsfehler zurückzuführen sind. Die damit verbundenen Kosten betragen mehr als eine Milliarde Euro.

Der Medikationsplan soll zum einen die Patientensicherheit stärken. Zum anderen sollen Ärzte und Apotheker über den Medikationsplan einen besseren, lückenlosen Überblick über die Medikation eines Patienten erhalten, mögliche Medikationsfehler aufdecken und beheben, um damit langfristig die Arzneimitteltherapie zu verbessern.

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