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Klinefelter-Syndrom



Klassifikation nach ICD-10
Q98.0 Klinefelter-Syndrom, Karyotyp 47,XXY
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Das Klinefelter-Syndrom [ˈklinɘfɛltɐ] ist eine numerische Chromosomenaberration (Aneuploidie) der Geschlechtschromosomen, die nur bei Jungen bzw. Männern auftritt. Menschen mit diesem Syndrom besitzen, abweichend vom üblichen männlichen Karyotyp (46, XY), ein zusätzliches X-Chromosom in allen (47,XXY) oder einem Teil der Körperzellen (46,XY/47,XXY).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Besonderheit wurde erstmals unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten im Jahr 1942 von dem US-amerikanischen Professor Dr. Harry F. Klinefelter (gesprochen: Klinefelter, da in Österreich geboren) beschrieben.

Merkmale

Die Chromosomenbesonderheit wirkt sich auf die kognitive und körperliche Entwicklung und Leistungsfähigkeit der Jungen und Männer mit dem Klinefelter-Syndrom aus, wobei nicht generell gesagt werden kann, welche Symptome sich in welcher Ausprägung bei einem Jungen bzw. Mann ausbilden. Generell handelt es sich um eine Keimdrüsenunterfunktion im Pubertätsalter.

Häufig beobachtet werden eine überdurchschnittliche Erwachsenengröße und ungewöhnlich lange Arme, Beine und häufig auch errötete bzw. verfaltete Ellenbogen. Im Kleinkindalter haben etwa 60% der Jungen eine Muskelschwäche und eine Verzögerung der motorischen Entwicklung. Männer besitzen aufgrund einer reduzierten Testosteronproduktion meist vergleichsweise kleine Hoden bei üblicher Penisgröße, und es werden keine Spermien produziert (bei Männern mit dem Mosaik-Typus ist zum Teil Spermienbildung möglich). Das Sexualleben ist in der Regel nicht beeinträchtigt.

Oftmals besteht in der Spätpubertät eine Tendenz zur Ausbildung von kleinen Brüsten (Gynäkomastie / bei 30-60%), ein eher femininer Körperbau und ein reduzierter Bartwuchs. Der Hormonmangel ist ab Beginn der Pubertät (dem Alter von etwa elf Jahren) durch die Gabe von Hormonpräparaten nach eingehender ärztlicher Untersuchung auszugleichen, die in Form von Spritzen, Tabletten, Pflaster oder Gel zur Verfügung stehen. Durch die Testosteron-Gabe wird der Bartwuchs angeregt, und die Jungen kommen in den Stimmbruch. Wird die Medikamentengabe später aus- oder abgesetzt, geht der Bartwuchs zurück, aber die tiefe Stimme bleibt.

Jungen bzw. Männer mit dem Klinefelter-Syndrom sind durchschnittlich intelligent. In erster Linie sind es ihre lautsprachlichen Fähigkeiten (Verbal-IQ), die im Vergleich zu Gleichaltrigen oftmals unterdurchschnittlich sind und bei etwa 50% der Kinder eine Förderung durch Logopädie notwendig macht. Besondere Schwierigkeiten bestehen in den Bereichen der Artikulation und in der Fähigkeit, Zusammenhänge wiederzugeben (Sprachverarbeitung).

Ursachen

Die chromosomale Ursache wurde 1959 erkannt: Man wies eine Chromosomenbesonderheit nach, bei der aufgrund einer zufälligen Nicht-Auseinanderweichung (Non-disjunktion) der Gonosomen (Geschlechtschromosomen) während der Gametogenese zusätzlich zum üblichen männlichen Chromosomensatz (46,XY) mindestens ein weiteres X-Chromosom in allen (Karyotyp 47,XXY) oder einem Teil der Körperzellen vorliegt (Karyotyp 46,XY/47,XXY / = Mosaik-Form / bei 6%).

Häufigkeit

Das Klinefelter-Syndrom tritt mit einer durchschnittlichen Häufigkeit von 1:590 bis 1:900 bei männlichen Neugeborenen auf. In Deutschland leben etwa 80.000 Jungen bzw. Männer mit dem Klinefelter-Syndrom, jedoch wurden, so wird geschätzt, ca. 90% von ihnen noch nicht erkannt.

Diagnose

Die Diagnose wird durch eine cytogenetische Untersuchung gestellt. Das Durchschnittsalter der Kinder liegt zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bei etwa fünf Jahren. Die Differentialdiagnose zum Pseudo-Klinefelter-Syndrom ist nötig. Zur Klinefelter-Gruppe gehören auch die Polysomien, bei denen Menschen z.B. einen Karyotyp XXXY oder XXXXY haben.

Siehe auch

Literatur

  • Klinefelter-Syndrom - Fragen und Antworten für Österreich. 2005, ISBN 3-9805545-5-4
  • Klinefelter-Syndrom - Fragen und Antworten. 2003, ISBN 3-9805545-2-X
  • Klaus Sarimskt: Entwicklungspsychologie genetischer Syndrome. 2003, ISBN 3-8017-1764-X
  • F. Jockenhövel (Hrsg.): Männlicher Hypogonadismus - Aktuelle Aspekte der Androgensubstitution. 2003, ISBN 3-89599-691-2
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